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RL #004: Fakten, Wissen, Meinungen, Fake und Bullshit

Die Wahrheit hat zur Zeit nicht den besten Ruf. Gibt es überhaupt Wahrheit in der Wissenschaft? Wie wahr kann evidenzbasierte Politik sein? Und was ist Wahrheit überhaupt? 

Hinter dieser Reading List steckt meine eigene Sehnsucht nach Wahrheit in Wissenschaft UND Politik. Als Wissenschaftlerin, Expertin für Kommunikation und Filmemacherin nehme ich euch ein Stück weit mit auf meine eigene Suche.  

Anregende Lektüre wünscht Ina Ivanceanu, CEO Oikoplus

So verlockend es auch ist, diese Reise beginnt weder mit Corona noch mit Trump. Sondern mit einem der ausnahmslos guten Sammelbände, die die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung herausgibt. Das kluge Bändchen ist schlicht mit „Wahrheit“ betitelt (2017) – sieben Texte zu den Zusammenhängen von Erfahrung, Wirklichkeit, Wissen und Glaubwürdigkeit. Da schreibt der Soziologe Peter Weingart über einen Konsens in der Wissenschaft: nämlich dass es sich auch bei „Wahr­heit” im Sinne wissenschaftlich gesicherter Fakten um soziale „Konstruktionen“ handelt. Die Wissensproduktion bleibt immer ein unabgeschlossener Prozess, der von Widerspruch, Interaktion, Diskurs, Verhandlung und Konsensbildung lebt. Also alles eine Frage der Interpretation? Sind Fakten beliebig veränderbar, relativ und deshalb nicht bin­dend oder handlungsrelevant? Keineswegs, anhand der Diskussion über den menschlichen Anteil am Klimawandel zeigt der Autor, dass Meinungen nicht gegen Forschungsergebnisse ausgespielt werden können – sie finden an diesen ihre Grenze.

Zurück in der Zeit und doch hochaktuell: die Gedanken der politischen Theoretikerin und Publizistin Hannah Arendt über die Ohnmacht und Kraft der Wahrheit. In ihren Essays „Die Lüge in der Politik” und „Politik und Wahrheit“ (auf deutsch 1969 erstmals erschienen) stellte sie fest: Über das, was wahr ist, kann nicht die Politik bestimmen, die dazu neige, mit der Wahrheit „auf Kriegsfuß“ zu stehen. Umgekehrt verteidigte Arendt die Politik, deren Praxis Menschen die einzige Möglichkeit eröffne, „die Welt zu verändern.“
Eine aktuelle Taschenbuchausgabe ist im Piper Verlag erhältlich, eine spannende Aufbereitung von Judith Zinsmaier gibt es dazu im Philosophie-Blog „praefaktisch.de“. 

Wie weit kann die Wissenschaft in einem Ausnahmezustand wie der Pandemie über politische Entscheidungsfindung bestimmen? In seinem Artikel „Lessons from an unfolding emergency“ vom Mai 2020 fragt der tschechische Autor Jiří Přibáň: Was passiert, wenn die Grenzen zwischen öffentlicher Meinung – die in völliger Ungewissheit feststeckt, und evidenzbasiertem Wissen – das bitte den richtigen Weg aufzeigen soll, verschwimmen? Während wissenschaftliche Erkenntnisse niemals definitiv sind, ist eine politische Entscheidung irreversibel und kann unabsehbare Folgen haben. Die ruhige Stimme der Wissenschaft, so Přibáň, müsse paradoxerweise im Pathos politischer Überzeugung auftreten, wenn es darum geht, die Öffentlichkeit vom Sinn bestimmter Maßnahmen zu überzeugen. 

Das Online-Portal Eurozine, das Přibáňs Text veröffentlichte, ist aktuell eines der spannendsten Medienprojekte: Ein Netzwerk von über neunzig europäischen „Cultural Journals” von Portugal bis Russland, von Schweden bis Griechenland, das die besten Artikel aller Medienpartner*innen in Themenschwerpunkten kuratiert und übersetzt. Hier etwa der Link zum Schwerpunkt „Information: A public good mit 23 Artikeln dazu. Eine anregende und hochqualitative Sammlung. 

Wissenschaft und Politik scheinen in der Pandemie oft zu verschmelzen. Teile der Bevölkerung betrachten dieses Amalgam als Figur einer Elite, die die Unmündigkeit des Bürgers ausnutzen möchte. Was aber unterscheidet Wissenschaft und Politik? Mitja Sienknecht und Antje Vetterlein vom Wissenschaftszentrum Berlin beziehen sich in ihrem Artikel „Wissenschaftliche Wahrheit und politische Verantwortung” auf Niklas Luhmann: Politik trifft kollektiv verbindliche Entscheidungen und übernimmt politische Verantwortung. Wissenschaft gewinnt Erkenntnisse und strebt – immer weiter – nach Wahrheit. Im Politiksystem ist die Kommunikation entlang der Unterscheidung zwischen Macht/Ohnmacht bzw. Regierung/Opposition strukturiert. Der zentrale Code im Wissenschaftssystem ist dagegen Wahrheit/Unwahrheit, der in der Politik normalerweise keine dominante Rolle spielt, hier ist sich Luhmann mit Arendt einig. Politik und Wissenschaft sieht er als zwei unabhängige Systeme, die in Austausch treten – etwa in Form von wissenschaftlicher Beratung, auf deren Grundlage politische Entscheidungen getroffen werden. Die Situation der Pandemie erschwert diese Verbindung, schreiben die Autorinnen: „Während zum einen die Politik jetzt dringender denn je auf die Fachkenntnisse der Wissenschaft angewiesen ist (…), ist die Wissenschaft weit davon entfernt, abschließende Daten präsentieren zu können, wie die umstrittenen unterschiedlichen Ergebnisse von Studien zur Corona-Infektions-Rate von Kindern zeigen.“ Die Revision einer Position sei in der Wissenschaft gerade kein Ausdruck von Schwäche, sondern ihr Alltagsgeschäft. Doch worauf kommt es an in Zeiten der Pandemie? Auf den Umgang der Politik mit Verteilungs- und Wertekonflikten, so die Autorinnen: „Politische Verantwortung heißt, sich nicht hinter der Wissenschaft zu verstecken, sondern vielmehr sich diesen unbequemen Fragen zu stellen – sprich: Politik zu machen.“

Wie soll Politik im Sinne der Wahrheit NICHT gemacht werden? Dazu zwei Text-Perlen: 

1. Das legendäre Büchlein „Bullshit“ (Suhrkamp 2014) des emeritierten Oxforder Professors Harry G. Frankfurt: zornig-coole Streitschrift und philosophischer Bestseller, auch in den USA. Der analytische Philosoph erhebt den Kraftausdruck zum gewichtigen erkenntnistheoretischen Fachbegriff: „Bullshitting“ als hochgefährliches Gerede, bei dem es dem Sprecher egal ist, ob seine Aussagen stimmen. Ein unverzichtbares Grundlagenwerk der angewandten Dummheitsforschung. 

2. Die New York Times analysierte Ende Januar akribisch die 77 Tage von Donald Trumps „Election Lie“ und deckte auf, wieviel Planung und Strategie dahinter stand: Augen öffnend. 

Diese kleine Lesereise endet mit einer künstlerischen Empfehlung, nämlich für das Online-Programm „True Fake“. Es präsentiert Filme, die das Verhältnis zwischen Wahrheit und Fiktion, Kunst und Wissenschaft erforschen, und die naive Vorstellung objektiver Wahrheit in Frage stellen. Ein wechselndes Programm der ebenso renommierten wie aufregenden künstlerischen Plattform E-Flux, das vom eigenen E-Journal begleitet wird. Die Filme sind von 9.2. bis 20.4. zu sehen, darunter das neue Projekt meiner vielfach preisgekrönten Filmfreundin Manu Luksch: ALGO-RHYTHM, ein Hip-Hop-Musical gegen automatisierte Propaganda, featuring Gunman Xuman, Lady Zee, OMG. Don’t miss!

Aus unseren Projekten

Im Projekt ArcheoDanube, an dem Oikoplus gemeinsam mit dem Verein Sustainication e.V. beteiligt ist, ist die Grundlagenstudie über Kulturerbe und Kulturtourismus jetzt abgeschlossen. Aktuell arbeiten wir an der Erstellung eines Leitfadens für die Gestaltung lokaler Archäologischer Parks. Mehr Infos hier

Im Projekt SYNCITY gibt es neue Cureghem Tales, besondere Empfehlung für den Februar: Madame Zouma und ihr Ingwersaft. Und es geht in den Endspurt für die Texte der Urban Innovation Toolbox: Hands-On Ideen und Inspiration für partizipative und nachhaltige Stadterneuerung, ab Mai erhältlich. 

Und das Horizon 2020 Projekt EnergyMEASURES stellt die Frage: welche einfachen und preiswerten Strategien können Haushalten helfen, die von Energiearmut betroffen sind? Leider erschwert die Pandemie es aktuell, mit den betroffenen Haushalten wie geplant direkt zusammenzuarbeiten. 
Neuigkeiten finden sich unter energymeasures.eu.

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RL #003: Hören und gehört werden, Ideen austauschen und mitbestimmen: Digitale Partizipation leicht gemacht

Die Welt war schon vor Covid-19 vernetzt und verdichtet, und stellte in ihrer Komplexität schon zuvor das Herzstück unseres Gemeinwesens auf die Probe: die Demokratie. Wie genau es darum in- und außerhalb Europas beschaffen ist, berichtet jedes Jahr der Demokratie-Index der britischen Economist Intelligence Unit. Jetzt, wo die Pandemie die meisten Staaten fest in der Hand hat und Maßnahmen zur Eindämmung verhängt wurden, ist es möglich oder vielleicht sogar wahrscheinlich, dass weitere Restriktionen eintreten werden. In dieser Reading List teilen wir mit euch spannende Beiträge, Artikel und Projekte, die danach fragen, wie wir uns trotz Einschränkungen unserer Kontakte und physical distancing an gesellschaftlichen Fragestellungen beteiligen und diese mitbestimmen können, und welche Methoden der e-Partizipation uns darin unterstützen, den Dialog auf Augenhöhe aufrecht zu erhalten. 

Spannende How To’s rund um e-Partizipation bietet das Grünbuch des österreichischen Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport – ein fundierter Leitfaden für Partizipation im digitalen Zeitalter. Die Autor*innen heben die Bedeutung von Beteiligung und Transparenz für eine lebendige Demokratie hervor und sehen in digitalen Partizipations- und Kommunikationsformaten zeitgemäße Lösungsansätze. Sie argumentieren, dass der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien es ermöglicht, Beteiligungsprozesse einfacher zu gestalten und Beteiligungshemmnisse zu beseitigen. Bestimmte Zielgruppen können durch digitale Partizipationsformate besser erreicht und eingebunden werden als mit Hilfe analoger und präsenzbetonter Methoden. Wer kennt ihn nicht, den Monolog jener, die sich gerne reden hören und die Stille derer, die sich nicht trauen, ihre Meinung kundzutun? Hier schafft e-Partizipation auch auf diskursiver Ebene Abhilfe. 

Über Chancen und Herausforderungen eben solcher Initiativen informiert der Abschlussbericht zum Projekt ‚Offene Staatskunst – Bessere Politik durch Open Government«?‘. In dem von Google initiierten Co:llaboratory – ein Multistakeholder Think-Tank und Policy Labor – widmen sich Expert*innen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und dem Unternehmensbereich der Frage, wie Konzepte der Offenen Staatskunst in die politische Kultur am Beispiel Deutschlands integriert werden können. Im Kapitel ‚eParticipation: Einmischen erwünscht!’ findet ihr zahlreiche Empfehlungen für e-Partizipationsprojekte – von der Konzeption bis zur Umsetzung. Ein Schmankerl für diejenigen, die es ganz genau wissen wollen: die Best Practice Sammlung mitsamt Analysen und Erfolgsfaktoren.

Welche konkreten Tools für e-Partizipation können wir in unseren eigenen (Arbeits-) Alltag einbringen? Involve, eine in Großbritannien basierte, gemeinnützige Organisation bietet auf ihrer Website Einführungen (auf Englisch) in zahlreiche digitale Tools und Partizipationsverfahren an: Crowd-mapping, interactive whiteboards, interactive Q&A’s, etc. 

Eine beinahe ebenso umfassende Einführung in das Universum der e-Partizipation bietet das Kleine 1×1 der digitalen Partizipation von Zebralog. Der Fokus liegt auf den zusätzlichen Kompetenzen die e-Partizipation von den Organisator*innen einfordern. Die Beteiligungs- und Partizipationspioniere aus Deutschland haben auf ihrer Website eine ganze Reihe an Methoden, Tools und Ideen gesammelt, damit ihr eure Videokonferenzen interaktiver und partizipativer gestalten könnt, führen aber auch aus, dass noch kein*e Meister*in vom Himmel gefallen ist. Es gilt: üben, üben, üben!

Einen neuen Werkzeugkoffer für digitale Beteiligung bietet außerdem nonconform – das Büro für Architektur und partizipative Raumentwicklung in- und außerhalb von Österreich. Die neue Plattform nonconform live transferiert ausgeklügelte Beteiligungsprozesse in den virtuellen Raum und verspricht dabei eine kreativ-produktive Atmosphäre.

Eine kreative Möglichkeit, wie e-Partizipation weitergedacht werden kann, bietet das Kunstprojekt #HotPhones von Nadja Buttendorf durch die Augen (oder besser die Tastatur) von Magdalena Götz von der Zeitschrift Kunst Medien Bildung. Die Künstlerin rückt digitale Medientechnologien und Formen der neu ermöglichten (oder verhinderten) Teilhabe in den Fokus; die Porträtistin untersucht ihrerseits mögliche Konsequenzen und Schlussfolgerungen des Diskurses um Postdigitalität für den Begriff der Teilhabe. Spannend und amüsant zugleich, doch mehr verraten wir nicht. Have a look yourself!

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RL #002: Publish or Perish! Ist das Kommunizieren wissenschaftlicher Erkenntnisse noch State-of-the-Art?

Kurz vor Jahresende kommt er doch noch: der Publikationsstress. In der Jahreszeit in der weite Teile der westlichen Welt zwischen Konsumrausch und einer mehrwöchigen Produktionspause oszillieren, beginnen tausende Jungakademiker*innen doch noch einen Artikel zu schreiben, überarbeiten oder redigieren. Wichtig ist, dass aus der Forschung ein Argument, aus dem Argument ein Skript und aus dem Skript ein Artikel wird. Oder zwei! Dabei hat der Publikationsdruck viele Wissenschafter*innen schon jetzt in die Ecke gedrängt. Wie genau, zeigen diese im Katapult Magazin erwähnte Studie oder ein bereits 2018 im Spektrum Magazin veröffentlichter Erfahrungsbericht.

Ausdruck verleihen dem Verdruss und Unmut die Betroffenen. Eines der rezenteren Beispiele kommt von David A. M. Peterson. In seiner (leider hinter einer Paywall versteckten) Abrechnung mit den gängigen Produktionspraktiken titelt er: „Dear Reviewer 2: Go F‘ Yourself“. Galgenhumor aus der Forscher*innengruppe auf WhatsApp. Zum Unmut gesellen sich aber auch kreative Ideen. Ungehemmt offenes publizieren, argumentiert Nicola von Lutterotti in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, schaffe Transparenz und steigere die Qualität der Arbeiten, weil ein kritisches Publikum bereits während der Forschung Fragen stellen könne. Ein anderer Ansatz wurde im Juli dieses Jahres in der österreichischen Tageszeitung derStandard präsentiert: auf Basis der Hongkong Prinzipien (englische Fassung) sollten Forscher*innen so evaluiert werden, dass diese ihre Integrität wahren können. Eine Nebelgranate?

Wohin man auch blickt, wird jedenfalls klar, dass Forschung nicht nur zu ausufernden Publikationslisten führen darf. Aber können das zusätzliche, breitenwirksame Kommunizieren Forscher*innen auch noch leisten? Wo ansetzen? Während eine im Magazin Forschung und Lehre rezipierte Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung zeigt, dass etwa 30% der Arbeitszeit and den deutschen Hochschulen für Forschung (und Publikation), 30% für die Lehre und weitere 40% für die Supervision, Drittmittelakquise und Teilnahme an administrativen und organisatorischen Arbeiten am Institut und in Gremien verwendet werden, basteln anderenorts Kommunikationsagenturen wie Oikoplus an Formaten, die es den Wissenschafter*innen ermöglichen, mit möglichst geringem Aufwand zielgruppenorientiert in die Gesellschaft hinein zu wirken. Keine Sorge! Nicht alle Wissenschaftler*innen müssen dafür die 2017 von Beatrice Lugger für das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation beschriebene Rampensau mit eigenständiger Community sein. Dennoch steht aber fest, dass die Chancen auf eine Professur mit dem personengebundenen Bekanntheitsgrad steigen. Die Wissenschaftskommunikation muss also umstellen, von der alleinigen Kommunikation von Ergebnissen auf die Kommunikation von Prozessen, die die Urheber*innen miteinschließen und zu den Ergebnissen hinführen. Die Wahl des Mediums könnte in Zukunft aber freier gestaltet sein.

Aus unseren Projekten
An dieser Stelle geben wir monatlich einen kleinen Einblick in die Arbeit von Oikoplus. 

Im Projekt Archeodanube, an dem Oikoplus gemeinsam mit dem Verein Sustainication e.V. beteiligt ist, geht es um Strategien für nachhaltigen Archäologie-Tourismus (“Archeotourism”) im Donauraum. Hier findet sich der aktuelle Projekt-Newsletter

Und im Projekt SYNCITY arbeiten wir mit einer Reihe von belgischen Partnern an partizipativen Konzepten zur Entwicklung des Brüsseler Stadtteils Cureghem. Über das Projekt berichten wir in den Cureghem Tales

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RL #001: Wissenschaftskommunikation mit Evidenz, bitte!

2020 war das Jahr der Wissenschaftskommunikation, könnte man meinen. Wann wurde schon einmal so intensiv öffentlich über Epidemiologie und Public-Health-Themen diskutiert wie im Jahr der Sars-CoV-2-Pandemie? Das Coronavirus Update des Norddeutschen Rundfunks NDR wurde gleich vom Start weg zum meistgehörten deutschsprachigen Podcast. Sein Hauptprotagonist, der Virologe Christian Drosten erklärte neulich in einem Interview anlässlich der Verleihung des Klartext-Sonderpreises für Wissenschaftskommunikation an ihn, für wie wichtig er die Kommunikatorenrolle von Wissenschaftlern hält. Ein lesenswertes Gespräch. 

Auf die richtige Kommunikation kommt’s nicht nur in der Kommunikation zwischen Forschung und Gesellschaft an, sondern auch innerhalb wissenschaftlicher communities. Dabei stellte eine Studie schon vor einigen Monaten einen Gender Gap fest. Männliche Forscher kommunizieren ihre Forschung danach forscher als ihre weiblichen Kolleginnen. Darüber wurde im Katapult-Magazin berichtet

Das beschriebene Problem der Geschlechter-Ungleichheit in der Kommunikation von Wissenschaft ist vermutlich nicht das einzige Kommunikationsproblem, das die Wissenschaft hat. Sonst müssten politische Entscheidungen doch viel häufiger evidenzbasiert getroffen werden, oder etwa nicht? Doch eine simple Kausalkette zwischen wissenschaftlicher Evidenz und politischer Entscheidung ist überaus selten zu erkennen. Manchmal fällt es sogar schwer, auch nur eine Korrelation zu finden. Dabei steht gerade im Jahr der Coronavirus-Pandemie die Forderung nach politischen Maßnahmen, die auf wissenschaftlicher Erkenntnis gründen, im Raum. Wenn Politik wissenschaftlich begründet wird, dann fällt das vor allem auf, wenn offen darüber gesprochen wird. Da ist zum Beispiel das berühmt gewordene Konzept “The Hammer and the Dance” zur Coronavirus-Eindämmung. Wann wurde zuletzt ein wissenschaftlich begründetes Policy-Konzept dermaßen schnell dermaßen berühmt? Es lohnt sich, einen Blick darauf zu werfen, wie es dazu kam, dass politisches Personal in Ländern rund um den Globus die Hammer-und-Tanz-Strategie so schnell für seine Kommunikation übernahm. Vermutlich hängt das auch mit der eingängigen Überschrift des Texts von Tomas Pueyo zusammen. Sein Text “The Hammer and the Dance”, der im Frühjahr 2020 binnen kürzester Zeit millionenfach gelesen und geteilt wurde, sollte ursprünglich “The Lockdown and the Release” heißen, wie er selbst neulich auf Twitter beschrieb. Dort veröffentlichte er auch die Grundgedanken seines berühmten Texts in Bullet-Point-Form. Ein interessantes und historisches Beispiel für Wissenschaftskommunikation, die politischen Impact verursachte, das auch zeigt, dass gelungene Wissenschaftskommunikation gar nicht zwingend von Wissenschaftlern selbst betrieben werden muss.

Bei vielen Themen scheinen wissensbasierte Entscheidungsgrundlagen nicht die politisch naheliegendsten zu sein. Kein Wunder. Wissenschaft und Politik folgen nicht derselben Logik. Und es ist ja auch nicht so, als würde Wissenschaft ständig unanfechtbare Wahrheit produzieren. Ein lesenswerter Text, der die Schwierigkeiten evidenzbasierter Politik in den Blick nimmt, erschien im Mai auf dem Blog der Rand Corporation.

Aus unseren Projekten
An dieser Stelle geben wir monatlich einen kleinen Einblick in die Arbeit von Oikoplus. 

Im Projekt Archeodanube, an dem Oikoplus gemeinsam mit dem Verein Sustainication e.V. beteiligt ist, geht es um Strategien für nachhaltigen Archäologie-Tourismus (“Archeotourism”) im Donauraum. Hier findet sich der aktuelle Projekt-Newsletter

Und im Projekt SYNCITY arbeiten wir mit einer Reihe von belgischen Partnern an partizipativen Konzepten zur Entwicklung des Brüsseler Stadtteils Cureghem. Über das Projekt berichten wir in den Cureghem Tales