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RL #043: 
Biodiversität durch private Investments schützen

Biodiversität bringt uns allen was – nur muss sie offenbar auch Geld bringen. Wie lässt sich Kapital in den Dienst des Artenschutzes stellen?

Der Schutz der biologischen Vielfalt ist eine der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit – das dürfte mittlerweile fast jedem klar sein. Die Europäische Union hat in den vergangenen Jahren umfassende Strategien entwickelt, um dem fortschreitenden Artensterben entgegenzuwirken. Neben rechtlichen Vorgaben wie dem Nature Restoration Law setzt die EU dabei auch auf private Investitionen, um die dringend benötigten Mittel für den Biodiversitätsschutz zu mobilisieren.

Aktuelle Strategien der EU: Gesetze und private Investments

Mit dem Nature Restoration Law will die EU einen Meilenstein für den Schutz der Biodiversität setzen. Es verpflichtet die Mitgliedsstaaten, bis 2030 mindestens 20 % der geschädigten Ökosysteme in Europa wiederherzustellen. Doch Gesetze allein reichen nicht aus. Um ihre ehrgeizigen Ziele zu erreichen, setzt die EU zusätzlich auf private Investitionen. Ein aktuelles Beispiel ist das unlängst gestartete EU-geförderte Projekt Bio-Capital, an dem Oikoplus als einer von 17 Partnern beteiligt ist. Bio-Capital hat zum Ziel, Instrumente zu entwickeln, um private Finanzmittel gezielt in Projekte zu lenken, die den Schutz von Biodiversität vorantreiben und gleichzeitig wirtschaftlichen Nutzen bringen.

Der Schutz der Biodiversität erfordert immense finanzielle Mittel. Öffentliche Gelder allein sind nicht ausreichend, um die großflächige Wiederherstellung natürlicher Lebensräume zu finanzieren. Wie die European Investment Bank in Übereinstimmung mit Zahlen des WWF annimmt, könnten bis zu einer Million Arten in den nächsten Jahrzehnten aussterben, wenn nicht drastische Maßnahmen ergriffen werden (European Investment Bank). Daher sind private Investitionen in Artenschutzprojekte unerlässlich. Innovative Finanzinstrumente wie Sustainability Linked Loans oder grüne Anleihen könnten dabei helfen, die Anreize für Unternehmen schaffen, ihre Geschäfte nachhaltig auszurichten. Das betont auch die World Bank in einem Report, der nahelegt, im Artenschutz vom Klimaschutz zu lernen.

Aktuelle Strategien der EU: Gesetze und private Investments

Private-Equity-Unternehmen erkennen zunehmend die Bedeutung von Biodiversität für langfristige finanzielle Stabilität. Laut der Boston Consulting Group gibt es klare wirtschaftliche Vorteile, wenn Unternehmen in biodiversitätsfreundliche Praktiken investieren. Die Einführung solcher Praktiken kann sowohl finanzielle Risiken minimieren als auch neue Geschäftsfelder eröffnen (BCG Global). Morgan Stanley betont, dass Investitionen in den Biodiversitätsschutz bis 2030 verdreifacht werden müssen, um die Ziele des Kunming-Montreal Global Biodiversity Frameworks zu erreichen (Morgan Stanley).

Trotzdem bleibt die Frage, ob freiwillige Investitionen wirklich signifikant dazu beitragen, Verluste von Biodiversität effektiv zu bekämpfen. Schon seit Jahrzehnten wird betont, dass die Wirtschaft ihren Beitrag leisten muss – doch ohne Zwang scheint dies einfach nicht zu gelingen. Eine zentrale Herausforderung besteht darin, dass kurzfristige wirtschaftliche Interessen oft im Widerspruch zu langfristigen Umweltzielen stehen.

Hier könnten Modelle wie das von der UNDP unterstützte Biodiversity Finance Initiative (BIOFIN) Abhilfe schaffen. Dieses Programm hilft Regierungen, nationale Biodiversitätsfinanzpläne zu entwickeln und umzusetzen, indem öffentliche und private Finanzströme in naturpositive Investitionen umgeleitet werden (UNDP). Auch die Europäische Investitionsbank zeigt mit ihrem „Do No Significant Harm“-Prinzip, dass strenge Umweltstandards notwendig sind, um die Wirtschaft langfristig zur Rechenschaft zu ziehen und auf Nachhaltigkeit auszurichten (European Investment Bank).

Um die Wirtschaft von einem Antreiber des Artensterbens zu einem Schützer der Biodiversität zu machen, braucht es am Ende wohl die Kombination aus gesetzlichen Vorgaben und finanziellen Anreizen. Der Schutz der Biodiversität ist nicht nur eine ökologische Notwendigkeit, sondern bietet auch wirtschaftliche Chancen. Private Investitionen spielen eine entscheidende Rolle in diesem Prozess. Sie können nicht nur das Überleben unzähliger Arten sichern, sondern auch neue Geschäftsfelder eröffnen, die sowohl für Investoren als auch für die Natur von Vorteil sind. Wir bei Oikoplus freuen uns, in den kommenden Jahren an diesem Thema konstruktiv mitzuarbeiten. 

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RL #042: Neue Wege für eine gesunde Erde: Europas Antwort auf die Umweltkrise

Europa steht vor großen Herausforderungen. Unsere Natur, von der wir alle abhängig sind, ist bedroht wie nie zuvor. Schon 2021, vor der Pandemie und den aktuellen Kriegen, haben 126 Nobelpreisträger einen dringenden Appell gestartet: Wir müssten unser Verhältnis zur Erde grundlegend ändern. Ihr Aufruf war ein Höhepunkt in einer weltweiten Bewegung, die sich für den Schutz unseres Planeten einsetzt, damit auch zukünftige Generationen ein gutes Leben führen können. Immer mehr Menschen weltweit schließen sich der Forderung der Wissenschaftler an und setzen sich für den Schutz unseres Planeten ein.

Diese Reading List knüpft an unsere vorherige Reading List über die Aktivitäten der Europäischen Union im Weltraum an. Diesmal geht es aber nicht um das Weltall, sondern um Strategien und Projekte für eine grünere und widerstandsfähigere Zukunft hier auf der Erde.

Der Green Deal: Ein Paradigmenwechsel in unserer Beziehung zu Mutter Erde

Der Europäische GreenDeal hat ein großes Ziel: Bis 2050 soll Europa klimaneutral werden. Das bedeutet, dass wir unseren Planeten nicht mehr überlasten und seine Ressourcen schonen. Wir wollen ein neues Verhältnis zur Natur aufbauen, bei dem wir sie schützen und wiederherstellen, anstatt sie auszubeuten. Der Grüne Deal setzt auf erneuerbare Energien, Recycling und den Schutz der Artenvielfalt. Er zeigt, dass wirtschaftlicher Erfolg und Umweltschutz zusammengehören.

Photo von Kelly: https://www.pexels.com/de-de/foto/strasse-landschaft-natur-sonnig-7446503/

Herausforderungen und Kritik am Green Deal

Obwohl der Europäische Grüne Deal ein großer und wichtiger Schritt ist, gibt es auch kritische Stimmen. Ein Bericht des Advisory Boards zur Umsetzung des Green Deal zeigt, dass viele Länder die beschlossenen Maßnahmen nur langsam umsetzen. Tiefergehende Kritikpunkte, wie sie von Alexander Dunlap und Louis Laratte in “Political Geography” hervorgehoben wurden, argumentieren, dass der Fokus auf technologische Lösungen und Marktmechanismen notwendige systemische Veränderungen außer Acht lässt. Sie befürchten auch, dass der Ansatz von oben herab nicht genug Bürgerbeteiligung zulässt und dass manche Unternehmen den Grünen Deal nur als Vorwand nutzen könnten, um weiterhin umweltschädlich zu wirtschaften.

Zwei Säulen des Green Deal: Biodiversität und nachhaltige Lebensmittelsysteme

Die EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 und die Farm-to-Fork-Strategie sind zwei wichtige Bausteine des Grünen Deals. Sie sollen dem Verlust der Artenvielfalt entgegenwirken und unsere Lebensmittelproduktion nachhaltiger gestalten. Beide Strategien versuchen genau das umzusetzen, was die Nobelpreisträger 2021 gefordert haben: eine neue Beziehung zur Erde, die auf Harmonie und Nachhaltigkeit basiert. Die Biodiversitätsstrategie will dem besorgniserregenden Verlust der Natur entgegenwirken, indem sie ehrgeizige Ziele für die Wiederherstellung und den Schutz unserer natürlichen Lebensräume setzt. Die Farm-to-Fork-Strategie zielt darauf ab, unser Ernährungssystem zu revolutionieren. Experten loben die beiden Strategien als wegweisend. Sowohl das Institut für Europäische Umweltpolitik als auch unabhängige Forschergruppen sehen darin einen großen Schritt in Richtung einer “Natur-positiven” Nahrung.

Photo von Rafa De: https://www.pexels.com/de-de/foto/landschaftsfotografie-des-grunen-grasfeldes-3013440/

OIKOPLUS und Natur- und Umweltschutz: EU-Projekte kommunizieren

Mit seiner Expertise im Bereich der Kommunikation von disruptiven Innovationen und Forschungsergebnissen, trägt OIKOPLUS aktiv zur Mission des Green Deal bei. Konkret arbeiten wir in zwei Projekten mit Forscher_innen zusammen, die sich um die Umsetzugn des Green Deal bemühen: REACT und BIO-CAPITAL. REACT kämpft an vorderster Front gegen invasive Fruchtfliegen, die unsere Landwirtschaft bedrohen. Durch innovative Strategien schützen wir unsere Ernten und bewahren unser wertvolles Naturerbe. BIO-CAPITAL erforscht die Finanzierung von Projekten, die unsere Natur schützen. So stellen wir sicher, dass die wertvollen Ressourcen der Natur für kommende Generationen erhalten bleiben.

Begleiten Sie uns auf dieser wichtigen Reise zu einer grüneren und widerstandsfähigeren Zukunft.

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#041: New Space: Wie die Raumfahrt sich wandelt und welche Rolle Europa dabei spielt

Die Raumfahrt steckt mitten in einem rasanten Wandel. Bei Oikoplus begleiten wir diesen Wandel. Und in Reading List #041 empfehlen wir Good Reads darüber, was sich im All gerade so abspielt.

Mit gleich zwei der EU-geförderten Projekte, an denen wir bei Oikoplus beteiligt sind, legt Europa wichtige Grundsteine für zukünftige Space Ecosystems: In unserem Projekt Domino-E geht es darum, europäische Earth Observation (EO) Satelliten möglich effizient zu nutzen, um Satellitenbilder der Erde möglichst schnell und preiswert bereitstellen zu können. Und in unserem Projekt EU-RISE geht es darum, In-space Servicing, Assembly and Manufacturing (ISAM) Technologien voranzubringen.

Das ,Space Age’ hat unsere kollektive und (pop)kulturelle Vorstellung von Raumfahrt stark geprägt. Wie es dazu kam, lässt sich z.B. im Far Out Magazine nachlesen. Sprichwörtlich vergleicht man große (multi)nationale Wissenschafts- und Technologieprojekte bis heute mit dem Mondlandungs-Programm der NASA.  

Das Apollo-Programm, das zwischen 1961 und 1972 zum Mond führte, ist nur eines der Beispiele für die Raumfahrt vergangener Tage. Von dieser Raumfahrt großer Programme und Missionen entwickelt sich die Raumfahrt hin zu modularen Systemen. Future Space Ecosystems werden bestimmt von vielen Akteuren jeder Größe und kommerziellen Anbietern für unterschiedliche Aufgaben von der Logistik, über die Kommunikation bis hin zur Entwicklung spezifischer Sensoren, Versuchsaufbauten und Spezialtechnologien, die im All angewendet werden. Wie dieser Wandel aus europäischer Perspektive ablaufen soll, das steht beispielsweise in der Technology Strategy der Europäischen Weltraumagentur (ESA). Große Systemintegratoren wie der Airbus-Konzern, spielen darin nur eine Rolle von vielen – wenn auch eine wichtige.

Eine neue Phase der Earth Observation

In den vergangenen Jahren ist eine Vielzahl neuer Geschäftsmodelle in der Raumfahrt entstanden. Projekte, die im Wesentlichen auf privaten Investitionen beruhen, werden oft als „New Space” bezeichnet. Unternehmen wie SpaceX, die z.B. vergleichsweise preiswerte Transportmöglichkeiten in Umlaufbahnen anbieten, setzen etablierte Akteure unter Druck. Hinzu kommen die nationalen Raumfahrtprogramme aufstrebender Nationen, die der Branche ebenfalls frischen Wind einhauchen. Auf diese Entwicklung reagiert Europa, und die Position Europas in der Raumfahrt zu behaupten, ist ein Anliegen, das die EU durch Horizon Europe Projekte wie Domino-E und EU-RISE unterstützt.

Für das Gebiet der Earth Observation hat die ESA sechs Trends gelistet, von denen der Umbruch, der in vollem Gange ist, geprägt wird. In den vergangenen dreißig Jahren, konnte Europa sich im internationalen EO-Wettbewerb gut behaupten. 1972 wurde der erste nicht-militärische amerikanische Erdbeobachtungs-Satellit namens Landsat1 in den Orbit geschickt. 1986 folgte mit dem französischen SPOT1 der erste europäische kommerzielle Beobachtungssatellit. Seither hat sich der europäische Systemintegrator Airbus hinter Maxar (USA) als zweitstärkster Anbieter auf diesem Markt behauptet. Das Domino-E Projekt, an dem Oikoplus als Teil eines multinationalen Konsortiums unter Leitung von Airbus mitwirkt, trägt zur Anpassung der europäischen EO-Technologien an das New Space Age bei, indem es die Wettbewerbsfähigkeit der in Europa betriebenen Systeme erhöht, also effizienter, zugänglicher und schneller macht. Nähere Informationen zum Projekt finden sich auf www.domino-e.eu.

Modulare Open-Source-Roboter: Die Werkstatt im Weltraum

Ein anderer Raumfahrt-Bereich, der in einer Phase grundlegender ökonomischer und technologischer Innovationen steckt, ist der Bereich des robotischen In-space Servicing, Assembly and Manufacturing (ISAM) Dabei geht es um das Durchführen mechanischer Arbeiten an Satelliten direkt auf der Umlaufbahn – on-orbit. In den letzten Jahren wurden auf diesem Feld zahlreiche Projekte, Technologien und einzelne Module entwickelt. Denn mechanische Arbeiten im Weltraum von Robotern durchführen lassen zu können, ist eine Schlüsseltechnologie der Raumfahrt der Zukunft. Schließlich werden zahlreiche Satelliten im Betrieb günstiger und nachhaltiger, wenn sie repariert und erweitert werden können – statt sie durch neue zu ersetzen.

Das Projekt EU-RISE, an dem Oikoplus beteiligt ist, leistet hier einen wichtigen Beitrag, indem es künftige Geschäftsmodelle für den Betrieb von ISAM-Dienstleistungen analysiert, und indem es bereits entwickelte europäische Komponenten von ISAM-Systemen miteinander verknüpft und in einem End-to-End Demonstrator testet. Die Open-Source-Strategie, die EU-RISE dabei verfolgt, soll dazu führen, dass standardisierte Schnittstellen und Systeme entstehen, die es möglichst vielen Akteuren unterschiedlicher Größe erlauben, zu Europas ISAM-Technologie beizutragen.

Europa ist natürlich nicht die einzige Weltregion, und die Europäische Union nicht der einzige staatliche Akteur, der hier seine Marktanteile sichern möchte. Auch in den USA werden groß angelegte ISAM-Strategien verfolgt. Die NASA bietet in ihrem ISAM State of Play einen guten Überblick, welche Technologien hier die Raumfahrt der Zukunft prägen könnten.  

Bei Oikoplus sind wir froh (und auch ein wenig stolz), einen Beitrag zur europäischen Raumfahrt leisten zu können, indem wir die Konsortien unserer Raumfahrtprojekte in ihrer Kommunikation und Dissemination unterstützen. Denn Raumfahrt liefert einen enormen Beitrag zu den Möglichkeiten, die sich uns allen im Alltag bieten, für Forschung in unterschiedlichsten Bereichen, und beim Verständnis unseres Universums. Wer sich einen Überblick darüber verschaffen möchte, in welchen Bereichen Europas Raumfahrt eine wichtige Rolle spielt, kann das bei der EUSPA, der European Union Agency for the Space Programme tun.  

Als EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen 2019 den EU Green Deal verkündete, sprach sie von “Europe’s man on the moon moment”. Eine schöne Metapher. Und wie der EU Green Deal ist auch Europas Weg in die Zukunft der Raumfahrtindustrie eine große Aufgabe, an der viele im Kollektiv mitwirken. Wir auch.