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RL #013: Übers sich Kurzfassen

Ich hatte einmal einen Arbeitskollegen, der in seiner eMail-Signatur den Satz “Sent from Mobile Phone. Excuse brevity.” voreingestellt hatte. Ich weiß nicht, ob er diese Signatur wirklich nur am Handy nutzte, oder aus praktischen Gründen vielleicht auch auf seinen anderen Devices. Jedenfalls fand ich den Satz in der Signatur irgendwie gut, weil er dafür sorgte, dass ich mich über knappe Formulierungen in seinen Mails nicht wunderte und sie nicht als unhöflich empfand.

Das richtige Maß zu finden, ist in der Kommunikationsarbeit nicht leicht. Wann ist ein Video zu lang oder ein Text zu kurz? Gerät etwas zu lang, weil wirklich viel Detail drinsteckt, oder doch bloß, weil ausschweifend formuliert wurde? Wieviel Aufmerksamkeit darf man bei der Zielgruppen voraussetzen? Wieviel Ungeduld muss man unterstellen? Seit Jahren heißt es immer wieder, die Aufmerksamkeitsspanne durchschnittlicher Medienkonsumierender nehme dramatisch ab. Das deckt sich bei vielen mit den eigenen Erfahrungen beim Scrollen durch Nachrichten-Websites und Social-Media-Feeds.

Aufmerksamkeitsspanne: Der 8- Sekunden-Mythos

Zur Aufmerksamkeitsspanne geistert seit Jahren eine Zahl durch verschiedene Medien. Die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne von Medienkonsumierenden sei auf acht Sekunden gesunken, heißt es häufig. Doch diese Info ist als belegbarer Fakt offenbar gar nicht haltbar. Wie es der Wert von acht Sekunden weltweit in Medienberichte geschafft hat, und weshalb er im Reich der Mythen besser aufgehoben ist, als in hübschen Präsentationen und Kommunikationsstrategien, beschreibt Natasha Keary in einem lesenswerten Artikel im Blog des Digital Content Publishing Unternehmens Turtl.   

280 statt 140 Zeichen: Hat sich Twitter verändert?

Kurze Nachrichten, die sich schnell erfassen lassen, haben natürlich trotzdem ihren festen Platz in der Online-Kommunikation. Twitter setzte von Anfang an auf Kürze. Erst im November 2017 wurde die maximale Zeichenlänge in Tweets von 140 auf 280 Zeichen erhöht. Der Diskurs auf Twitter sollte dadurch überlegter und höflicher werden. Professor Yphtach Lelkes hat an der Annenberg School for Communication an der University of Pennsylvania untersucht, wie sich Twitter durch den Schritt verändert hat.

Die ideale Textlänge

Die Frage nach der richtigen Textlänge stellt sich Menschen, die strategisch und gezielt kommunizieren wollen, ständig. Dabei geht es nicht bloß darum, die Lesegewohnheiten der Zielgruppe zu treffen, sondern auch um Search Engine Optimization (SEO) und die richtige Darstellung auf verschiedenen digitalen Plattformen und Geräten. Jürgen Zietlow stellt in einem Text für das Onlinemagazin magazinmedien.de eine Reihe wissenschaftlicher Erkenntnisse zur idealen Textlänge zusammen.

Wissenschaft auf Instagram

Nicht auf jedem Kommunikationskanal steht Text im Mittelpunkt. Auf Instagram zum Beispiel geht’s primär um visuelle Inhalte. Lassen sich komplexe Inhalte dort überhaupt kommunizieren? Lässt sich Wissenschaftskommunikation auf Instagram betreiben? Und sollen Wissenschaftler*innen ihre individuellen Accounts dafür nutzen? Um diese Frage und die dazugehörigen Genderaspekte hat sich schon im Jahr 2018 eine lebhafte Debatte entwickelt. Für Aufsehen sorgte damals ein opinion piece von Meghan Wright in Science. Ihre kritische Position damals: „Öffentlich zu dokumentieren, was für ein süßes Outfit ich trage und wie süß ich im Labor lächle, wird mir nicht helfen, eine erfüllende Karriere in einem Bereich aufzubauen, in dem Frauen weniger Führungspositionen innehaben, schlechter bezahlt werden und ständig unterschätzt werden.“ Eine Zusammenfassung der dadurch losgetretenen Debatte gibt’s auf dem allgemein sehr lesenswerten Science Communication Blog fromthelabbench.com.

Wissenschaft auf TikTok

Das war 2018. Natürlich ist die digitale Aufmerksamkeit seither weitergezogen. Zum Beispiel zu TikTok. Auch dort ist Kürze gefragt. Wie Wissenschaftskommunikation auf Tiktok aussehen kann, beschreibt Robert Lepenies vom Helmholtz Centre for Environmental
Research (UFZ) in einer Präsentation. Haben Sie es bis zum Ende dieses Texts geschafft, oder war er zu lang? Wenn sie noch lesen, erinnern Sie sich vielleicht an den eingangs erwähnten Ex-Kollegen. Inzwischen, so hat er mir versichert, lautet seine eMail-Signatur für von unterwegs versendete Mails „via mobile. pls excuse brevity.” Schließlich bieten auch sehr kurze Kommunikationsformate Spielraum zur Optimierung.

Aus unseren Projekten

Bei Oikoplus geht ein abwechslungsreiches und unterm Strich erfolgreiches Jahr 2021 zu Ende. In unseren Projekten hat sich trotz der Pandemie und vieler dadurch bedingter Änderungen viel getan. Updates zu unserem Archäologie-Tourismus-Projekt ArcheoDanube gibt es im aktuellen ArcheoDanube Projekt-Newsletter. Und im Horizon2020-Projekt EnergyMeasures, das einen Beitrag zur Reduzierung von Energiearmut in Europa liefert, gibt’s ebenfalls einen aktuellen EnergyMeasures Newsletter.