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RL #044: Ein Paar Texte, die helfen, Machine Learning zu verstehen

Machine Learning prägt unsere Welt, doch viele von uns wissen nur wenig darüber, wie es funktioniert. Wir tappen im Dunkeln, was AI-Algorithmen angeht. Diese Oikoplus Reading List hilft, die Technologie zu  entmystifizieren.

In dieser Oikoplus-Leseliste werfen wir einen Blick auf Machine Learning. Natürlich verwenden auch wir verschiedene KI-Tools, die uns in unserer Arbeit unterstützen. Aber um ehrlich zu sein, haben wir wenig Ahnung davon, wie ihre Algorithmen funktionieren. Und da wir damit vermutlich nicht allein sind, gibt es hier ein paar gute Lektüren zum Thema. 

Fangen wir mit einem Blick auf die Geschichte der Softwareentwicklung an. Der Artikel „A Little History of Software Development“ auf dem Ferrovial-Blog bietet einen Überblick über die Entwicklung von Software im Allgemeinen. Er beschreibt wichtige Phasen, angefangen von den experimentellen Anfängen bis hin zur Industrialisierung in den 1980er Jahren und der Agile Revolution in den 2000er Jahren. Moderne Trends wie KI und Low-Code-Plattformen werden ebenfalls angesprochen. 

Und damit wären wir bei Machine Learning. Im Blog der MIT Sloan School findet sich ein lesenswerter Artikel über maschinelles Lernen. „Machine Learning, Explained“ bietet eine umfassende Einführung in die Funktionsweise des maschinellen Lernens (ML) als Teilbereich der künstlichen Intelligenz. Der Artikel erläutert verschiedene Arten des ML, wie überwacht, unbeaufsichtigt und verstärkend, und befasst sich mit Themen wie Erklärbarkeit, Voreingenommenheit und der ethischen Dimension.

Das Quanta Magazine hat einen lesenswerten Artikel veröffentlicht, der zeigt, wie abstrakte Konzepte unser Denken über Computer beeinflussen können. Informatik geht dabei nicht nur um Programmiersprachen oder technische Lösungen. Der Artikel behandelt die Arbeit der Informatikerin Lenka Zdeborová, die Konzepte der statistischen Physik anwendet, um maschinelles Lernen und das Verhalten von Algorithmen besser zu verstehen. Sie untersucht, wie physikalische Phasenübergänge, wie das Gefrieren von Wasser, algorithmische Veränderungen modellieren können, insbesondere in neuronalen Netzwerken.

Natürlich ist maschinelles Lernen nicht nur eine Frage neugiergeleiteter Forschung, sondern auch ein Milliardengeschäft. Matthew Ball beleuchtet in seinem Artikel „Parallel Bets, Microsoft, and AI Strategies“ die strategische Herangehensweise von Microsoft an Investitionen in KI, insbesondere durch Partnerschaften mit OpenAI, während das Unternehmen gleichzeitig eigene Modelle entwickelt. Microsoft setzt dabei auf verschiedene KI-Technologien, von großen Übernahmen wie Nuance bis hin zu kleineren Start-ups. Der Artikel beschreibt die Wettbewerbslandschaft zwischen Microsoft und OpenAI und analysiert die historische Strategie von Microsoft, durch diversifizierte Investitionen in aufstrebenden Technologien seine Position zu sichern.

Jetzt haben wir uns mit maschinellem Lernen und KI beschäftigt. Aber wir haben kaum wirklich verstanden, wie die selbstlernenden Algorithmen funktionieren. Aber wäre das nicht wichtig? Werden wir nicht alle zu bloßen Nutzern, wenn wir keine Ahnung haben, wie die Technologien, die wir in unserem Alltag einsetzen, funktionieren? Diese Frage wurde schon vor fast einem Jahrzehnt gestellt. In diesem Brookings-Artikel aus dem Jahr 2016 wird erörtert, wie wichtig es ist, die Öffentlichkeit über maschinelles Lernen (ML) aufzuklären, um das Verständnis und Vertrauen in KI-Technologien zu stärken. Er betont, dass Algorithmen des maschinellen Lernens zwar zunehmend Einfluss auf verschiedene Bereiche wie autonome Fahrzeuge und Gesichtserkennung nehmen, die Öffentlichkeit aber oft nicht weiß, wie diese Systeme Entscheidungen treffen. Der Artikel plädiert für mehr Transparenz und bessere Kommunikationsstrategien, um ML und seine Auswirkungen auf das tägliche Leben zu entmystifizieren.

Am Ende unserer kleinen Erkundung des Machine Learnings wird deutlich: Ob es um Unternehmensstrategien wie die von Tech Konzernen geht oder um den Bedarf an öffentlicher KI-Bildung – Verständnis dieser Algorithmen ist unerlässlich, um sich in der digitalen Welt, die unsere Zukunft prägt, zurechtzufinden. Wir werden weiterlesen.  

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RL #043: 
Biodiversität durch private Investments schützen

Biodiversität bringt uns allen was – nur muss sie offenbar auch Geld bringen. Wie lässt sich Kapital in den Dienst des Artenschutzes stellen?

Der Schutz der biologischen Vielfalt ist eine der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit – das dürfte mittlerweile fast jedem klar sein. Die Europäische Union hat in den vergangenen Jahren umfassende Strategien entwickelt, um dem fortschreitenden Artensterben entgegenzuwirken. Neben rechtlichen Vorgaben wie dem Nature Restoration Law setzt die EU dabei auch auf private Investitionen, um die dringend benötigten Mittel für den Biodiversitätsschutz zu mobilisieren.

Aktuelle Strategien der EU: Gesetze und private Investments

Mit dem Nature Restoration Law will die EU einen Meilenstein für den Schutz der Biodiversität setzen. Es verpflichtet die Mitgliedsstaaten, bis 2030 mindestens 20 % der geschädigten Ökosysteme in Europa wiederherzustellen. Doch Gesetze allein reichen nicht aus. Um ihre ehrgeizigen Ziele zu erreichen, setzt die EU zusätzlich auf private Investitionen. Ein aktuelles Beispiel ist das unlängst gestartete EU-geförderte Projekt Bio-Capital, an dem Oikoplus als einer von 17 Partnern beteiligt ist. Bio-Capital hat zum Ziel, Instrumente zu entwickeln, um private Finanzmittel gezielt in Projekte zu lenken, die den Schutz von Biodiversität vorantreiben und gleichzeitig wirtschaftlichen Nutzen bringen.

Der Schutz der Biodiversität erfordert immense finanzielle Mittel. Öffentliche Gelder allein sind nicht ausreichend, um die großflächige Wiederherstellung natürlicher Lebensräume zu finanzieren. Wie die European Investment Bank in Übereinstimmung mit Zahlen des WWF annimmt, könnten bis zu einer Million Arten in den nächsten Jahrzehnten aussterben, wenn nicht drastische Maßnahmen ergriffen werden (European Investment Bank). Daher sind private Investitionen in Artenschutzprojekte unerlässlich. Innovative Finanzinstrumente wie Sustainability Linked Loans oder grüne Anleihen könnten dabei helfen, die Anreize für Unternehmen schaffen, ihre Geschäfte nachhaltig auszurichten. Das betont auch die World Bank in einem Report, der nahelegt, im Artenschutz vom Klimaschutz zu lernen.

Aktuelle Strategien der EU: Gesetze und private Investments

Private-Equity-Unternehmen erkennen zunehmend die Bedeutung von Biodiversität für langfristige finanzielle Stabilität. Laut der Boston Consulting Group gibt es klare wirtschaftliche Vorteile, wenn Unternehmen in biodiversitätsfreundliche Praktiken investieren. Die Einführung solcher Praktiken kann sowohl finanzielle Risiken minimieren als auch neue Geschäftsfelder eröffnen (BCG Global). Morgan Stanley betont, dass Investitionen in den Biodiversitätsschutz bis 2030 verdreifacht werden müssen, um die Ziele des Kunming-Montreal Global Biodiversity Frameworks zu erreichen (Morgan Stanley).

Trotzdem bleibt die Frage, ob freiwillige Investitionen wirklich signifikant dazu beitragen, Verluste von Biodiversität effektiv zu bekämpfen. Schon seit Jahrzehnten wird betont, dass die Wirtschaft ihren Beitrag leisten muss – doch ohne Zwang scheint dies einfach nicht zu gelingen. Eine zentrale Herausforderung besteht darin, dass kurzfristige wirtschaftliche Interessen oft im Widerspruch zu langfristigen Umweltzielen stehen.

Hier könnten Modelle wie das von der UNDP unterstützte Biodiversity Finance Initiative (BIOFIN) Abhilfe schaffen. Dieses Programm hilft Regierungen, nationale Biodiversitätsfinanzpläne zu entwickeln und umzusetzen, indem öffentliche und private Finanzströme in naturpositive Investitionen umgeleitet werden (UNDP). Auch die Europäische Investitionsbank zeigt mit ihrem „Do No Significant Harm“-Prinzip, dass strenge Umweltstandards notwendig sind, um die Wirtschaft langfristig zur Rechenschaft zu ziehen und auf Nachhaltigkeit auszurichten (European Investment Bank).

Um die Wirtschaft von einem Antreiber des Artensterbens zu einem Schützer der Biodiversität zu machen, braucht es am Ende wohl die Kombination aus gesetzlichen Vorgaben und finanziellen Anreizen. Der Schutz der Biodiversität ist nicht nur eine ökologische Notwendigkeit, sondern bietet auch wirtschaftliche Chancen. Private Investitionen spielen eine entscheidende Rolle in diesem Prozess. Sie können nicht nur das Überleben unzähliger Arten sichern, sondern auch neue Geschäftsfelder eröffnen, die sowohl für Investoren als auch für die Natur von Vorteil sind. Wir bei Oikoplus freuen uns, in den kommenden Jahren an diesem Thema konstruktiv mitzuarbeiten. 

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RL #042: Neue Wege für eine gesunde Erde: Europas Antwort auf die Umweltkrise

Europa steht vor großen Herausforderungen. Unsere Natur, von der wir alle abhängig sind, ist bedroht wie nie zuvor. Schon 2021, vor der Pandemie und den aktuellen Kriegen, haben 126 Nobelpreisträger einen dringenden Appell gestartet: Wir müssten unser Verhältnis zur Erde grundlegend ändern. Ihr Aufruf war ein Höhepunkt in einer weltweiten Bewegung, die sich für den Schutz unseres Planeten einsetzt, damit auch zukünftige Generationen ein gutes Leben führen können. Immer mehr Menschen weltweit schließen sich der Forderung der Wissenschaftler an und setzen sich für den Schutz unseres Planeten ein.

Diese Reading List knüpft an unsere vorherige Reading List über die Aktivitäten der Europäischen Union im Weltraum an. Diesmal geht es aber nicht um das Weltall, sondern um Strategien und Projekte für eine grünere und widerstandsfähigere Zukunft hier auf der Erde.

Der Green Deal: Ein Paradigmenwechsel in unserer Beziehung zu Mutter Erde

Der Europäische GreenDeal hat ein großes Ziel: Bis 2050 soll Europa klimaneutral werden. Das bedeutet, dass wir unseren Planeten nicht mehr überlasten und seine Ressourcen schonen. Wir wollen ein neues Verhältnis zur Natur aufbauen, bei dem wir sie schützen und wiederherstellen, anstatt sie auszubeuten. Der Grüne Deal setzt auf erneuerbare Energien, Recycling und den Schutz der Artenvielfalt. Er zeigt, dass wirtschaftlicher Erfolg und Umweltschutz zusammengehören.

Photo von Kelly: https://www.pexels.com/de-de/foto/strasse-landschaft-natur-sonnig-7446503/

Herausforderungen und Kritik am Green Deal

Obwohl der Europäische Grüne Deal ein großer und wichtiger Schritt ist, gibt es auch kritische Stimmen. Ein Bericht des Advisory Boards zur Umsetzung des Green Deal zeigt, dass viele Länder die beschlossenen Maßnahmen nur langsam umsetzen. Tiefergehende Kritikpunkte, wie sie von Alexander Dunlap und Louis Laratte in “Political Geography” hervorgehoben wurden, argumentieren, dass der Fokus auf technologische Lösungen und Marktmechanismen notwendige systemische Veränderungen außer Acht lässt. Sie befürchten auch, dass der Ansatz von oben herab nicht genug Bürgerbeteiligung zulässt und dass manche Unternehmen den Grünen Deal nur als Vorwand nutzen könnten, um weiterhin umweltschädlich zu wirtschaften.

Zwei Säulen des Green Deal: Biodiversität und nachhaltige Lebensmittelsysteme

Die EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 und die Farm-to-Fork-Strategie sind zwei wichtige Bausteine des Grünen Deals. Sie sollen dem Verlust der Artenvielfalt entgegenwirken und unsere Lebensmittelproduktion nachhaltiger gestalten. Beide Strategien versuchen genau das umzusetzen, was die Nobelpreisträger 2021 gefordert haben: eine neue Beziehung zur Erde, die auf Harmonie und Nachhaltigkeit basiert. Die Biodiversitätsstrategie will dem besorgniserregenden Verlust der Natur entgegenwirken, indem sie ehrgeizige Ziele für die Wiederherstellung und den Schutz unserer natürlichen Lebensräume setzt. Die Farm-to-Fork-Strategie zielt darauf ab, unser Ernährungssystem zu revolutionieren. Experten loben die beiden Strategien als wegweisend. Sowohl das Institut für Europäische Umweltpolitik als auch unabhängige Forschergruppen sehen darin einen großen Schritt in Richtung einer “Natur-positiven” Nahrung.

Photo von Rafa De: https://www.pexels.com/de-de/foto/landschaftsfotografie-des-grunen-grasfeldes-3013440/

OIKOPLUS und Natur- und Umweltschutz: EU-Projekte kommunizieren

Mit seiner Expertise im Bereich der Kommunikation von disruptiven Innovationen und Forschungsergebnissen, trägt OIKOPLUS aktiv zur Mission des Green Deal bei. Konkret arbeiten wir in zwei Projekten mit Forscher_innen zusammen, die sich um die Umsetzugn des Green Deal bemühen: REACT und BIO-CAPITAL. REACT kämpft an vorderster Front gegen invasive Fruchtfliegen, die unsere Landwirtschaft bedrohen. Durch innovative Strategien schützen wir unsere Ernten und bewahren unser wertvolles Naturerbe. BIO-CAPITAL erforscht die Finanzierung von Projekten, die unsere Natur schützen. So stellen wir sicher, dass die wertvollen Ressourcen der Natur für kommende Generationen erhalten bleiben.

Begleiten Sie uns auf dieser wichtigen Reise zu einer grüneren und widerstandsfähigeren Zukunft.

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#041: New Space: Wie die Raumfahrt sich wandelt und welche Rolle Europa dabei spielt

Die Raumfahrt steckt mitten in einem rasanten Wandel. Bei Oikoplus begleiten wir diesen Wandel. Und in Reading List #041 empfehlen wir Good Reads darüber, was sich im All gerade so abspielt.

Mit gleich zwei der EU-geförderten Projekte, an denen wir bei Oikoplus beteiligt sind, legt Europa wichtige Grundsteine für zukünftige Space Ecosystems: In unserem Projekt Domino-E geht es darum, europäische Earth Observation (EO) Satelliten möglich effizient zu nutzen, um Satellitenbilder der Erde möglichst schnell und preiswert bereitstellen zu können. Und in unserem Projekt EU-RISE geht es darum, In-space Servicing, Assembly and Manufacturing (ISAM) Technologien voranzubringen.

Das ,Space Age’ hat unsere kollektive und (pop)kulturelle Vorstellung von Raumfahrt stark geprägt. Wie es dazu kam, lässt sich z.B. im Far Out Magazine nachlesen. Sprichwörtlich vergleicht man große (multi)nationale Wissenschafts- und Technologieprojekte bis heute mit dem Mondlandungs-Programm der NASA.  

Das Apollo-Programm, das zwischen 1961 und 1972 zum Mond führte, ist nur eines der Beispiele für die Raumfahrt vergangener Tage. Von dieser Raumfahrt großer Programme und Missionen entwickelt sich die Raumfahrt hin zu modularen Systemen. Future Space Ecosystems werden bestimmt von vielen Akteuren jeder Größe und kommerziellen Anbietern für unterschiedliche Aufgaben von der Logistik, über die Kommunikation bis hin zur Entwicklung spezifischer Sensoren, Versuchsaufbauten und Spezialtechnologien, die im All angewendet werden. Wie dieser Wandel aus europäischer Perspektive ablaufen soll, das steht beispielsweise in der Technology Strategy der Europäischen Weltraumagentur (ESA). Große Systemintegratoren wie der Airbus-Konzern, spielen darin nur eine Rolle von vielen – wenn auch eine wichtige.

Eine neue Phase der Earth Observation

In den vergangenen Jahren ist eine Vielzahl neuer Geschäftsmodelle in der Raumfahrt entstanden. Projekte, die im Wesentlichen auf privaten Investitionen beruhen, werden oft als „New Space” bezeichnet. Unternehmen wie SpaceX, die z.B. vergleichsweise preiswerte Transportmöglichkeiten in Umlaufbahnen anbieten, setzen etablierte Akteure unter Druck. Hinzu kommen die nationalen Raumfahrtprogramme aufstrebender Nationen, die der Branche ebenfalls frischen Wind einhauchen. Auf diese Entwicklung reagiert Europa, und die Position Europas in der Raumfahrt zu behaupten, ist ein Anliegen, das die EU durch Horizon Europe Projekte wie Domino-E und EU-RISE unterstützt.

Für das Gebiet der Earth Observation hat die ESA sechs Trends gelistet, von denen der Umbruch, der in vollem Gange ist, geprägt wird. In den vergangenen dreißig Jahren, konnte Europa sich im internationalen EO-Wettbewerb gut behaupten. 1972 wurde der erste nicht-militärische amerikanische Erdbeobachtungs-Satellit namens Landsat1 in den Orbit geschickt. 1986 folgte mit dem französischen SPOT1 der erste europäische kommerzielle Beobachtungssatellit. Seither hat sich der europäische Systemintegrator Airbus hinter Maxar (USA) als zweitstärkster Anbieter auf diesem Markt behauptet. Das Domino-E Projekt, an dem Oikoplus als Teil eines multinationalen Konsortiums unter Leitung von Airbus mitwirkt, trägt zur Anpassung der europäischen EO-Technologien an das New Space Age bei, indem es die Wettbewerbsfähigkeit der in Europa betriebenen Systeme erhöht, also effizienter, zugänglicher und schneller macht. Nähere Informationen zum Projekt finden sich auf www.domino-e.eu.

Modulare Open-Source-Roboter: Die Werkstatt im Weltraum

Ein anderer Raumfahrt-Bereich, der in einer Phase grundlegender ökonomischer und technologischer Innovationen steckt, ist der Bereich des robotischen In-space Servicing, Assembly and Manufacturing (ISAM) Dabei geht es um das Durchführen mechanischer Arbeiten an Satelliten direkt auf der Umlaufbahn – on-orbit. In den letzten Jahren wurden auf diesem Feld zahlreiche Projekte, Technologien und einzelne Module entwickelt. Denn mechanische Arbeiten im Weltraum von Robotern durchführen lassen zu können, ist eine Schlüsseltechnologie der Raumfahrt der Zukunft. Schließlich werden zahlreiche Satelliten im Betrieb günstiger und nachhaltiger, wenn sie repariert und erweitert werden können – statt sie durch neue zu ersetzen.

Das Projekt EU-RISE, an dem Oikoplus beteiligt ist, leistet hier einen wichtigen Beitrag, indem es künftige Geschäftsmodelle für den Betrieb von ISAM-Dienstleistungen analysiert, und indem es bereits entwickelte europäische Komponenten von ISAM-Systemen miteinander verknüpft und in einem End-to-End Demonstrator testet. Die Open-Source-Strategie, die EU-RISE dabei verfolgt, soll dazu führen, dass standardisierte Schnittstellen und Systeme entstehen, die es möglichst vielen Akteuren unterschiedlicher Größe erlauben, zu Europas ISAM-Technologie beizutragen.

Europa ist natürlich nicht die einzige Weltregion, und die Europäische Union nicht der einzige staatliche Akteur, der hier seine Marktanteile sichern möchte. Auch in den USA werden groß angelegte ISAM-Strategien verfolgt. Die NASA bietet in ihrem ISAM State of Play einen guten Überblick, welche Technologien hier die Raumfahrt der Zukunft prägen könnten.  

Bei Oikoplus sind wir froh (und auch ein wenig stolz), einen Beitrag zur europäischen Raumfahrt leisten zu können, indem wir die Konsortien unserer Raumfahrtprojekte in ihrer Kommunikation und Dissemination unterstützen. Denn Raumfahrt liefert einen enormen Beitrag zu den Möglichkeiten, die sich uns allen im Alltag bieten, für Forschung in unterschiedlichsten Bereichen, und beim Verständnis unseres Universums. Wer sich einen Überblick darüber verschaffen möchte, in welchen Bereichen Europas Raumfahrt eine wichtige Rolle spielt, kann das bei der EUSPA, der European Union Agency for the Space Programme tun.  

Als EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen 2019 den EU Green Deal verkündete, sprach sie von “Europe’s man on the moon moment”. Eine schöne Metapher. Und wie der EU Green Deal ist auch Europas Weg in die Zukunft der Raumfahrtindustrie eine große Aufgabe, an der viele im Kollektiv mitwirken. Wir auch.

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RL #040: Retractions – Falsches Wissen wieder einfangen

1998 veröffentlichte Andrew Wakefield eine Studie mit dem Titel Ileal-lymphoid-nodular hyperplasia, non-specific colitis, and pervasive developmental disorder in children. Im Artikel argumentieren Wakefield und seine Mitautor:innen, dass ein Zusammenhang zwischen der Impfung für Mumps, Masern und Röteln und Autismus bei Kindern bestehe. Jahre später wurde bekannt, dass Wakefield 480.000 GBP für die Ergebnisse der Studie erhalten und das verschwiegen hatte. Heute ist die Studie zurückgezogen und Wakefield kein Arzt mehr. Doch der Inhalt der “Studie”, die keine war, wirkt bis heute nach. Sie wird weiterhin von Impfgegner:innen zitiert und immer wieder aufs Neue wiederbelebt.

Paper zurücknehmen. Das geht?

Es gibt verschiedene Gründe, weshalb Artikel zurückgezogen werden. Das Zurückhalten und Verschleiern von Fördergeber:innen bzw. das Verschweigen von Interessenskonflikten ist einer davon. Der häufigste Grund sind ehrliche Fehler bei der Datenerhebung, Analyse oder Interpretation. Wie bei jeder anderen Arbeit, können die auch in der Forschung passieren. Hinzu kommen aber auch vorsätzliche Datenmanipulationen und Plagiate. KI könnte in Zukunft eine Rolle spielen. Den Antrag auf Rücknahme eines Artikels stellen Autor:innen, die Unzulänglichkeiten in der eigenen Arbeit bemerken (wie z.B. im hier im Fall von Shaawna Williams in The Scientist), Kolleg*innen, die Fehler bemerken und Herausgeber:innen, die im Rahmen öffentlicher Diskussionen auf Unzulänglichkeiten aufmerksam werden.

Bild von StockSnap auf Pixabay

10.000 zurückgezogene Publikationen

Dass Artikel zurückgenommen werden ist eine Entwicklung der letzten Jahre und Teil des Erfolgs der Retraction Watch Database. Im Jahr 2023 wurden mehr als 10,000 wissenschaftliche Artikel zurückgezogen; 10.000! Und es wird nicht besser. Etwa 60% der Rücknahmen, so zumindest Jeffrey Brainard und Jia You in einem Beitrag über den Mehrwert der strategischen Erfassung von Rücknahmen, sind eine Folge betrügerischer Absichten von Autor:innen. Ausmaße, die schon von Ivan Oransky und Adam Marcus in einem Artikel im The Guardian angedeutet wurden. Die Lichtblicke? Etwa 500 von über 30.000 Autor:innen waren 2023 für etwa ein Viertel aller Retractions verantwortlich. Es sind also wenige die viele Rücknahmen produzieren. Zugleich sind letzthin immer mehr Verlage auf den Zug mit aufgesprungen und suchen seitdem auch selbst nach fehlerhaften Publikationen. Für den Zeitraum zwischen 2009 und 2010 beispielsweise hat das Publishing House IEEE wie Alison McCook für Science.org berichtete, seine Artikel 2018 rückwirkend überprüft und über 7.000 Publikationen aus der eigenen Datenbank entfernt.

Rücknahmen: eine Frage der Glaubwürdigkeit

Mit der neuen Überprüfbarkeit und der Forderung an die Verlage, ihren Pflichten nachzukommen, ist auch der Karrieredruck rund um die Glaubwürdigkeit von Wissenschaftler:innen größer geworden. The Scientist veröffentlicht jährlich eine Liste der wichtigsten Retractions in den Naturwissenschaften (2021, 2022). Und auch die Community ist heute bewusster und hilfsbereiter — eine “stronger systems hypothesis” die zum Beispiel Danielle Fanelli vertritt. Vor allem Titel mit besonders spektakulären Ankündigungen mussten sich zuletzt einer Überprüfung stellen. Nach der Ankündigung von Ranga Dias et al., den ersten Supraleiter als Festkörper bei Raumtemperatur gefunden zu haben, wurde der Artikel zunächst im Preprint innerhalb weniger Monate zerpflückt und nach der Publikation auf Wunsch der Co-autor:innen 2023 vom Verlag zurückgezogen. Für Dias war es die insgesamt dritte Retraction und die erste, die auch medial hohe Wellen schlug: Science berichtete, die New York Times berichtete, das Wall Street Journal berichtete. Das nagt an der Glaubwürdigkeit der Einzelnen, stärkt aber die Wissenschaft und ihre Community.

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What’s next?

Dass Fehler passieren ist normal. Dass Betrug vorkommt, ist nicht überraschend. Neben Ethik und Moral gibt es eben auch in der Wissenschaft Wettbewerb, Karriere und unlautere Mittel. Was nicht in Ordnung und gesellschaftlich höchst problematisch ist, sind die langen Wartezeiten und auch die mangelnde Information derer, die eine zurückgezogene Arbeit zitiert und die Fehler oder den Betrug nicht bemerkt haben. Sollen zurückgezogene Paper gelöscht oder der Nachwelt in gekennzeichneter Form zugänglich gemacht werden?

Verbesserungswürdig bleiben also die Prozesse rund um das Zurückziehen der Paper. Ivan Heibi und Silvio Peroni beispielsweise, setzen sich in ihrem in Digital Scholarship in the Humanities veröffentlichtem Artikel mit der Retraction Notice auseinander und stellen fest, dass es sowohl bei den Inhalten als auch bei der Angabe von Metadaten gravierende Unterschiede gibt. Außerdem, so die Autoren, sind Retraction Notes, weil negativ konnotiert, kaum auffindbar. Nicht nur an der Überprüfung der Artikel und ihrer Inhalte, sondern auch an der Vorgehensweise und Publizität empfiehlt es sich also weiter zu arbeiten. Ein Anspruch der nicht nur an Verlagshäuser und den Forschungsbetrieb, sondern an all jene gerichtet ist, die den Forschungsbetrieb bei der Veröffentlichung und Verbreitung von als gesichert angenommenen Wissen unterstützen.

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RL #039: Immersive Erlebnisse in der Wissenschaftskommunikation

Immersive Experiences gehören zu den angesagten Werkzeugen der Wissenschaftskommunikation. Zu Recht?

Als ich zehn oder elf Jahre alt war besuchte ich mit der Schule eine Ausstellung über Straßenkinder im Globalen Süden. Wir hatten vorher im Deutschunterricht das Buch „Das Tor zum Garten der Zambranos“ von Gudrun Pausewang gelesen, in dem es um die Freundschaft zwischen einem Strassenjungen und dem Sohn einer reichen Familie geht, die kurzerhand ihre Rollen tauschen. Die Ausstellung ergänzte die Buchlektüre perfekt, denn sie griff viele der Themen auf. Die Ausstellung führte in lateinamerikanische, asiatische und afrikanische Kontexte, samt nachgebauter Strassenszenen und den jeweils passenden Artefakten. Und als Besucher erlebte man die Ausstellung in unbequemen improvisierten Latschen aus Autoreifen, wie Strassenkinder sie oft tragen. 

Mir ist diese Ausstellung nach einem Vierteljahrhundert bis heute in Erinnerung. Aber weshalb? Meine Vermutung: Die Kombination von Buchlektüre, einer gut gemachten Ausstellung und der sehr haptischen Erfahrung der Autoreifen-Latschen war einprägsam genug, um bis heute erinnert zu werden. Eine immersive experience von white northern privilege, ganz undigital und analog. Heute, Jahrzehnte später, wird Immersion meist als Verschränkung analoger und digitaler Erlebnisse gedacht. Dafür tummeln sich zahlreiche spezialisierte Anbieter:innen, die auch in der Wissenschaftskommunikation aktiv sind. Denn für die Kommunikation von Forschung und Innovation bieten immersive experiences große Potenziale. Das SciComm-Portal impact.science sieht Virtual Reality Experiences deshalb auch auf Platz 1 der Top 10 Science Communication Trends des Jahres 2024Doch was versteht man eigentlich genau unter immersive experiences?

Immersion: Was? 

Nützliche Definitionsarbeit leistet hier das Immersive Experience Institute, eine Art Think Tank aus Kalifornien. Wer sich eingehender mit der Frage beschäftigen möchte, was immersive Erlebnisse ausmacht und worin ihre Potenziale und Qualitäten liegen, findet im Journal of Network and Computer Applications peer-reviewte Antworten. Und wer sich für die praktische Umsetzungsebene interessiert, der kann zum Beispiel einen Blick auf das Kopenhagener Unternehmen Khora werfen, mit dem Oikoplus zuletzt an einer EU-Projekteinreichung zusammengearbeitet hat. Das kreative Team von Khora entwickelt Virtual Reality und Augmented Reality für die unterschiedlichsten Anwendungsbereiche. Die Projekte, an denen Khora mitwirkt, zeigen, wie Virtual Reality auch in EU-geförderteten Forschungs- und Innovationsprojekten eingesetzt und erforscht wird. Etwa im Horizon Europe Projekt XTREME (Mixed Reality Environment for Immersive Experience of Art and Culture), das im Januar 2024 gestartet ist. Darin werden in einem Konsortium von 14 Partnern Mixed-Reality (MR)-Lösungen erforscht und entwickelt, um Kunst zu erleben.

Natürlich sind viele Einsatzgebiete von Virtual Reality, Augmented Reality und immersiven Technologien ressourcenintensiv und aufwändig. Das führt dazu, dass ihr Einsatzgebiet oft kommerzieller Natur ist. Ein Beispiel dafür ist die rund um den Globus erfolgreiche Ausstellung „Van Gogh – The Immersive Experience”. Doch auch hierbei wird Wissen vermittelt und erlebbar gemacht. . 

Was nützt die Immersion kommunikativ?

Aber führen immersive Erfahrungen mit der Unterstützung moderner VR und AR Technologie auch zu messbaren Kommunikationserfolgen? Nun, so ganz einfach lässt sich das nicht beantworten. Forschung dazu wird punktuell betrieben: Elizabeth Behm-Morawitz an der University of Missouri z.B. hat die Effektivität von VR als Tool der Wissenschaftskommunikation untersucht. Allerdings für einen sehr konkreten Anwendungsfall. In einem Artikel auf LinkedIn schreibt das britische Unternehmen Imagineerium, selbst ein Anbieter technologiegestützter immersiver Erlebnisse:  „There has not been a great deal of research done on human psychology when exercised in an immersive experience, but some scientists and psychologists are beginning to look into it more as VR grows from strength to strength and immersion is starting to be used in learning experiences.”

Vermutlich ist es nicht einfach zu sagen, ob digitale, immersive Erlebnisse ein sinnvolles Kommunikationstool sind. Es is wie so oft: Es kommt ganz darauf an. Jedenfalls erweitern sie den Werkzeugkasten der Wissenschaftskommunikation. Virtual Reality und Augmented Reality sind sicher ein sinnvolles Werkzeug für so mache kommunikative Botschaft und so manche Zielgruppe. Aber eben nicht für jede, überall und jederzeit. Und dann kommt es auf den Zweck an. Die immersive Ausstellung, die ganz analog daher kam, und die ich in den späten 90ern besucht habe, ist dafür ein gutes Beispiel. Ich erinnere mich an die Erfahrung der Ausstellung, ihr Thema, weniger aber an ganz konkrete Ausstellungsinhalte. Aber dafür, ist das vielleicht auch einfach zu lang her. 

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RL #038: Denkfabriken – Kommunizieren mit politischem Impact

In dieser Reading List wollen wir uns ansehen, welche Kommunikationsmethoden Think Tanks anwenden, um Wissenschaft in die Politik zu tragen.

    Professionelle Anbieter:innen für Wissenschaftskommunikation – ob eingebettet in Forschungseinrichtungen, als Unternehmen wie Oikoplus, oder Think Tanks – haben zum Ziel, Forschungsergebnisse klar und transparent zu kommunizieren und Wissen für die öffentliche Debatte bereitzustellen. Das Zielpublikum dafür ist vielfältig. Eine relevante Zielgruppe, die immer wieder erklärter Adressat von Wissenschaftskommunikation ist, sind politische Entscheidungsträger:innen. In dieser Reading List wollen wir uns deshalb Kommunikationsmethoden widmen, die auf die Politik zielen, und dabei einen Blick auf Think Tanks, also wissenschaftlich-politische Denkfabriken, werfen.

    Laut Sarah Lewis von TechTarget schaffen Think Tanks einen Raum für Debatten, die Generierung von Ideen und Wege zur Wissensverbreitung. Für eine dezidiert politische Zielgruppe, geht es dabei nicht nur um die Bereitstellung von Informationen, sondern darum, mit Informationen die Grundlage für Entscheidungen zu bieten. Wie Clair Grant-Salmon betont, sind die Zeiten vorbei, in denen Think Tanks Standard-Maßnahmen für alle entwickeln konnten. Heutzutage müssen Think Tanks wissen, an wen sie sich wenden und was sie erreichen wollen.

    Policy-orientiere Denkfabriken erzeugen laut Annapoorna Ravichander, Leitlinien, die dazu beitragen, politische Ergebnisse in angemessener Weise zu erzielen. Sie unterscheiden sich von Prozessen und Maßnahmen. Policy ist breit angelegt und gibt eine bestimmte Richtung vor. Auch wenn die Wissenschaftskommunikation keine direkten politischen Ziele verfolgt, kann sie doch eine wichtige Rolle bei der Gestaltung politischer Debatten, der Information von Entscheidungsträger:innen und der Beeinflussung der Entwicklung von Ideen spielen.

    Der wichtigste Weg für Wissenschaftskommunikatoren, politische Wirkung zu erzielen, ist die Bereitstellung von Expertise und Beratung für politische Entscheidungsträger:innen. SciComm-Anbieter können Forscher z.B. als Berater für Regierungsbehörden positionieren, und so einen Beitrag zum politischen Entscheidungsprozess leisten. Diese Methode birgt jedoch eine Herausforderung in sich: Laut Andrea Baertl Helguero müssen insbesondere Think Tanks, um durch Beratung Einfluss auf die Politik nehmen zu können, akademische Transparenz wahren und sicherstellen, dass ihre Forschung sorgfältig und zuverlässig ist. 

    Eine weitere wichtige Methode, um politischen Einfluss zu gewinnen, ist die Vernetzung. Eine klassische Methode, die von Think Tanks angewandt wird. Wie Alejandro Chaufen in einem Artikel für Forbes erklärt, ermöglicht die Vernetzung Think Tanks die Schaffung von Plattformen, auf denen Ideen ausgetauscht werden können und ein Konsens über politische Agenden gebildet werden kann. 

    Eine Formatfrage

    Ein etabliertes Format, um Forschungsergebnisse für die Politik aufzubereiten, sind Policy Briefs. Ein Policy Brief ist eine prägnante, gut recherchierte und informierte Zusammenfassung eines bestimmten Themas, der politischen Optionen zur Lösung dieses Problems und einiger Empfehlungen. Diese Kurzdarstellungen sind ein wichtiges Instrument, um einem nicht-wissenschaftlichen Publikum Forschungsergebnisse und darauf basierende Empfehlungen zu präsentieren, um Entscheidungsfindungen zu unterstützen. Policy Briefs ermöglichen es Wissenschaftskommunikator:innen, ihre Forschung und ihre Ergebnisse auf eine Art und Weise zu kommunizieren, die die Dringlichkeit der Angelegenheit vermittelt und für Menschen mit unterschiedlichem Wissensstand zugänglich ist. Auch hier sollten die Absender:innen jedoch für Transparenz sorgen und bei der Darstellung von Problemen, Optionen oder Lösungsvorschlägen unabhängig und transparent bleiben.  

    Wenn politischer Impact das erklärte Ziel von Forschungsprojekte bzw. Wissenschaftskommunikation ist, ergibt sich daraus ein Bedarf an vorausschauenden Methoden und Prognosearbeit. Wissenschaftskommunikator:innen sollten politische Prozesse langfristig betrachten, um die Dynamik ihrer Themen und Ideen zu verstehen. Mark Halle vom International Institute for Sustainable Development erklärt, dass Think Tanks sich keine Vagheit leisten können. Sie müssen klare und zielgerichtete Ergebnisse erzielen, die eine Vision langfristiger, positiver Auswirkungen beinhalten.  

    Dieser Text dient hoffentlich als ein guter Einstieg in die Frage, was man von Denkfabriken lernen kann, wenn es darum geht, durch Wissenschaftskommunikation politischen Impact zu erzielen. Und damit führt er fast unweigerlich zu der Frage, wie man Impact von Forschung überhaupt misst. Damit haben wir uns zum Glück bereits in anderen Readings Lists beschäftigt, z.B. hier

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    RL #037: 10 Learnings aus der Wissenschaftskommunikation

    Was kann man von der Wissenschaftskommunikation lernen? Eine Reading List auf Grundlage der Erfahrungen der ersten fünf Jahre Oikoplus. 

    1. Relevante Zielgruppen können auch klein sein. 

    Den Erfolg von Kommunikation, misst man häufig in Reichweite. Auch in der Kommunikation für Forschungs- und Innovationsprojekte, ist Reichweite eine harte Währung. Doch oft sind es sehr spezifische und kleine Zielgruppen, die besonders relevant für die erfolgreiche Projektkommunikation sind. In unserem Projekt Domino-E zum Beispiel, ist eine der relevantesten Zielgruppen der überschaubarer Kreis an Menschen, die sich mit dem Programmieren von Satellitenmissionen zum Zweck der Erdbeobachtung beschäftigen. Diese Zielgruppe ist nicht nur klein, sondern es ist auch nicht einfach, die Kommunikationskanäle zu identifizieren, über die sie zu erreichen ist. Allerdings ist der Content für diese Zielgruppe spezifisch genug, um davon ausgehen zu können, dass die Zielgruppe den relevanten Content findet, solange er gut auffindbar ist. Also entschieden wir uns für YouTube als Kanal.  

    2. Simplifizieren muss nicht Banalisieren sein.

    Je genauer man in ein Thema hineinzoomt, desto größer wird es. Viele Themen und Fragestellungen wirken auf den ersten Blick überschaubar, und erst bei genauerer Betrachtung stellt sich ihre Komplexität, Tiefe und Vielschichtigkeit heraus. Trotzdem ist es nicht falsch, zunächst oberflächlich auf ein Thema zu blicken, und erst im zweiten Schritt tiefer einzusteigen. Für Expert:innen, die sich in einem bestimmten Themengebiet extrem gut auskennen, ist es oft schwierig, diesen oberflächlichen Blick zuzulassen. Zu sehr wissen sie um die Aspekte, die sich erst bei genauerer Betrachtung zeigen. Und deshalb fühlt sich der oberflächliche Blick für sie wie eine Vereinfachung an, und oft wie eine Banalisierung. Es ist wichtig, Vereinfachung zuzulassen. Korrekt allerdings, sollte sie sein. Unser Projekt REACT, das sich mit der Bekämpfung steriler Insektenarten beschäftigt, lässt sich wunderbar zusammenfassen: Insekten werden sterilisiert, damit sie sich in der Natur mit wildtypischen Insekten paaren, ohne das Nachkommen entstehen. Durch den mangelnden Nachwuchs schrumpft mittelfristig die Insektenpopulation. Und so wird die Landwirtschaft vor dem Schädling geschützt. Technisch steckt ein großer Aufwand hinter dieser Methodik. Trotzdem haben wir versucht, das Projekt in möglich simplen, verständlichen Worten zu erklären.

    Photo by Melanie Deziel on Unsplash

    3. Die „breite Öffentlichkeit” gibt es nicht. 

    Wissenschaftskommunikation hat das Ziel, Forschung für die breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Diese breite Öffentlichkeit findet sich deshalb als Zielgruppe in den Anträgen und Beschreibungen vieler Forschungs- und Innovationsprojekte. Nur: die breite Öffentlichkeit gibt es aus Perspektive der Kommunikation kaum. Die Gesamtheit der Öffentlichkeit anzusprechen ist verdammt schwierig, oder besser: es ist unmöglich. Durch das Entwickeln von Key Messages und Storytelling-Ansätzen findet automatisch immer auch eine Auswahl der Zielgruppen statt. Nicht jede:r findet alles interessant. Und wenn es gelingt, das Interesse möglichst unterschiedlicher Zielgruppen zu treffen, ist das schon ein toller Kommunikationserfolg. Um ein Verständnis dafür zu gewinnen, wie vielschichtig die Zielgruppen unserer Kommunikation in Forschungs- und Innovationsprojekten sein können, lassen wir unsere Projektpartner zum Beginn eines Projekts in interaktiven Workshops Personas entwickeln. Das sind fiktive Personen, anhand derer wir uns im folgenden Schritt gemeinsam überlegen, was zu tun ist, um sie durch unsere Projektkommunikation zu erreichen: mit welchen Botschaften, auf welchen Kanälen, wann, wieso, und mit welchem Ziel überhaupt? Dabei wird meist recht schnell klar: die breite Öffentlichkeit ist nur ein Hilfsbegriff, der darauf hindeutet, dass jedes einzelne Projekt viele unterschiedliche Zielgruppen ansprechen kann. 

    1. Unterschätze nie, wie spannend ein Thema sein kann. 

    Wie interessant ein Thema ist, erschließt sich manchmal nicht auf den ersten Blick. Kein Wunder: Man kann nicht jedes Thema als gleichermaßen spannend empfinden, und es kommt immer auch darauf an, wie ein Thema präsentiert wird. Nun könnte man sagen: Es ist die Aufgabe von Wissenschaftskommunikatoren wie Oikoplus, dafür zu sorgen, dass ein Thema das Interesse möglichst vieler Menschen weckt. Das stimmt auch. Doch auch für diejenigen, die Wissenschaftskommunikation betreiben, gilt, dass sie zunächst einmal ihr eigenes Interesse am Thema finden müssen. Das gelingt nicht immer auf Anhieb, und deshalb ist es Teil unserer Arbeit, aktiv nach den Zugängen zu einem beliebigen Thema zu suchen, in denen wir das Potential erkennen, ein Thema zielgruppenspezifisch zu erzählen. Wir zwingen uns deshalb zur Neugier und dazu, empathisch darüber nachdenken, worin der thematische Reiz für andere Zielgruppen bestehen könnte. Dabei fällt früher oder später der Groschen – und dann wird die Kommunikation gleich um ein Vielfaches einfacher. 

    5. Auch, wer die spannendste Forschung betreibt, redet nicht immer gern darüber.

    Als Journalist:in, muss man Interview-Partner:innen manchmal die Informationen, die man vermitteln möchte, sprichwörtlich aus der Nase ziehen. Man muss immer wieder nachfragen, weil das Interesse an der Informationsvermittlung eher einseitig ist. Wenn man nicht Journalismus betreibt, sondern Wissenschaftskommunikation im Auftrag der Wissenschaft, dann kann das auch passieren. Das kann überraschen, schließlich würde man meinen, dass die Informationsvermittlung sowohl im Interesse der Wissenschaftler:innen als auch der Öffentlichkeit ist, und man in der Rolle des Kommunikators lediglich die Vermittlungsarbeit zu leisten hat. In der Praxis mussten wir allerdings schon oft feststellen, dass Forschende nicht immer gern über ihre Arbeit sprechen, und man ihnen selbst grundlegende Erklärungen mühevoll entlocken muss. Für dieses Problem gibt es keine einfache Lösung. Es gilt, Vertrauen aufzubauen, die eigene Kommunikationsarbeit möglichst transparent darzustellen und Umfelder zu schaffen, in denen Einblicke in die wissenschaftliche Arbeit möglich werden. Das kann im Einzelfall der große Videodreh im Labor, mit künstlichem Licht und großem Kameraequipment sein, und im anderen Fall das persönliche one-on-one Gespräch. Jedenfalls erledigt sich Wissenschaftskommunikation nicht wie von selbst, selbst wenn die aufregendste Forschung kommuniziert wird. 

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    6. Qualität und Quantität. 

    In der Wissenschaft geht Qualität über Quantität. In der Kommunikation ist das manchmal nicht so klar. Wenn in den Anträgen für Forschungsprojekte die Ziele für die Projektkommunikation festgeschrieben werden, dann setzt man die entsprechenden KPIs gern hoch an. Schließlich soll ein Antrag hohe Ambitionen ausdrücken. Kommt es zur Bewilligung, stellt man dann fest, dass die Ziele mglw. zu hoch gesteckt waren, und dass sich Publikationen, Pressemitteilungen, Website-Artikel, Social-Media-Postings, Fotos, Videos und andere Inhalte der Projektkommunikation zwar machen lassen, dass es aber nicht leicht ist, die eigenen, hohen Qualitätsstandards zu halten. Für hochqualitative Inhalte braucht es Zeit. In unserer Videoreihe zum Beispiel, die wir für das REACT-Projekt umsetzen, versuchen wir, das Forschungsprojekt möglichst umfassend und gleichzeitig möglichst verständlich zu erklären. Das erste der Erklärvideos findet sich hier. Um solche Videos zu produzieren, ist ein langer und detailreicher Austausch mit den beteiligten Forschenden nötig. Deshalb können in einem Projekt wie REACT nicht Dutzende solcher Videos entstehen. Und das sollte sich auch in den Zielsetzungen zum Projektbeginn ausdrücken. 

    7. Geschwindigkeit ist nicht alles in der Kommunikation.

    Gut Ding, braucht eben Weile. Und diese Zeit muss man in der Wissenschaftskommunikation einplanen. In anderen Bereichen der Kommunikation, im Journalismus, in der PR, in der Werbung, ist Geschwindigkeit oft zentrales Qualitätsmerkmal. Und auch in der Wissenschaftskommunikation gibt es Momente, in denen es wichtig ist, schnell zu reagieren. Doch allgemein folgt die Wissenschaftskommunikation dem Tempo der Wissenschaft. Für die Pressearbeit bedeutet das zum Beispiel, dass man sich von der zeitlichen Logik des Medienbetriebs ein wenig lösen kann. Ein Forschungsthema verliert nicht einfach deshalb seine Relevanz, weil es nicht mehr tagesaktuell ist. Wenn z.B. die Publikation eines Papers schon einige Wochen zurückliegt, ist es nicht von vorne herein zwecklos, Journalist:innen auf das Paper aufmerksam zu machen. Das ist ein großer Unterschied von Wissenschaftskommunikation zu anderen Feldern der professionellen Kommunikationsarbeit.

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    8. Man muss nicht komplett verstehen, was man kommuniziert.

    Oft kommt es uns bei Oikoplus zugute, dass wir uns den Forschungsprojekten, die wir kommunikativ begleiten, als Laien nähern. Dass wir keine Expert:innen für Stadtentwicklung, Archäologie, Pflanzenschutz, Satellitentechnologie oder die Energiewende sind, hat uns geholfen, in den Projekten, die wir auf diesen Gebieten umsetzen, die richtigen Fragen zu stellen. Denn dass wir die Methoden und Innovationen unserer Projekte nicht auf Anhieb verstehen, haben wir mit unseren Zielgruppen gemein. Das ist nicht als Hymne auf die Banalisierung zu verstehen. Es hilft natürlich, sich mit den Themen, die kommuniziert werden, zu beschäftigen und sich einzulesen. Aber man muss auch keine Angst davor haben, die eigene Expertise, nämlich die Kommunikationsexpertise, in Projekte einzubringen, von denen man zunächst einmal keine Ahnung hat. Keine Angst vor Rocket Science. Auch Raktenwissenschaftler:innen sind manchmal auf Kommunikations-Expert:innen angewiesen. 

    9. Think globally, act globally. 

    Um ein abstraktes Thema zugänglich zu machen, verbindet man es oft mit einem überschaubaren Aspekt aus dem Alltag von Menschen. Das ist im Journalismus eine verbreitete Methode. Um auf die Folgen des globalen Klimawandels aufmerksam zu machen, beschreibt man zum Beispiel Veränderungen des Ökosystems auf der lokalen Ebene vor Ort. Dadurch erzeugt man relatability. Darüber haben wir an dieser Stelle in Reading List #010 geschrieben. So weit, so sinnvoll. In unserer Kommunikation für Europa- und weltweite Forschungsprojekte, fehlt uns manchmal diese lokale oder alltägliche Ebene. Wir gestalten Kommunikation für internationale Zielgruppen, schließlich ist auch die Forschung international. Der Slogan “think globally, act locally” wird für uns deshalb oft zu “think globally, act globally”. Das heißt konkret: Wissenschaftskommunikation kann nicht immer auf die Bedürfnisse unterschiedlicher lokaler Zielgruppen eingehen. Daran scheitert man allein schon bei den Übersetzungen in zig verschiedene Sprachen, und an der Mobilität. Wissenschaftskommunikation spielt sich auf einer internationalen Ebene ab. Und als Wissenschaftskommunikator muss man häufig darauf vertrauen, dass die Themen, zu denen man kommuniziert, ihre Zielgruppen finden – nicht anders herum. 

    10. Neugier ist der beste Antrieb von Kommunikation.

    Wenn man uns bei Oikoplus fragt, was uns antreibt, dann fällt die Antwort inzwischen leicht. Es ist die Neugier. Im Deutschen leitet sich das Wort von der Gier nach Neuem ab. Damit haben wir uns kritisch in einer unserer letzten Reading Lists auseinandergesetzt. Wir verstehen Neugier als das ständige Interesse an neuen Erfahrungen, Erkenntnissen und Perspektiven. Dass wir in unserer Arbeit ständig dazulernen können, dass sie zu einem großen Teil sogar daraus besteht, begreifen wir als ein großes Privileg der Wissenschaftskommunikation. Wir machen das wirklich gerne. 

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    Reading List DE

    RL #036: Fünf Jahre Kommunikation

    Oikoplus feiert das erste Jubiläum. Wir werden fünf Jahre alt! Die Zeit vergeht. Hier blicken wir zurück auf fünf Jahre voller Höhen, Tiefen und Learnings.

    Established 18.09.2018

    Ein Unternehmen zu gründen ist ein Wagnis, vor allem, wenn man damit noch keine Erfahrung hat. Plötzlich benötigt man eine Steuerberaterin, einen Anwalt und die Dienste eines Notars. Wir haben Oikoplus als KG gegründet, aus der später eine GmbH wurde. Die richtige Rechtsform zur richtigen Zeit. Im Laufe der Jahre haben wir uns überraschend häufig mit der Struktur des Unternehmens beschäftigt und sie angepasst. Außerdem stellen sich in der Abwicklung unserer Projekte immer wieder administrative Fragen: Subcontracting oder Anstellung? Erledigen wir Lohnverrechnung und Buchhaltung selbst, oder legen wir das in die Händer externer Partner? Brauchen wir ein Tool zur Reisekostenabrechnung oder reicht ein Excel Sheet? Solche Fragen haben uns seit der Gründung von Oikoplus manchmal mehr beschäftigt, als uns lieb war. Aber wir haben dabei auch einiges gelernt. Die Erfahrungen kommen uns zugute. Wenn wir in unseren Projekten mit großen Organisationen zusammenarbeiten, mit Universitäten oder Konzernen, gibt es für die administrativen Details oft eigene Ansprechpartner. Unsere externen Kolleginnen und Kollegen müssen häufig auf ihre Rechtsabteilung, ihre Buchhaltung oder die Personalabteilung warten. In unserem kleinen Team treffen wir Entscheidungen selbst – das begreifen wir mittlerweile als eine unserer Stärken.

    Kaffetassen mit OIKOPLUS Logos auf einem Schreibtisch.
    2020 kamen einige unserer Kaffeetassen abhanden. Für den Fall, dass uns Daten abhanden kommen, haben wir mittlerweile eine Versicherung. Photo: OIKOPLUS.

    Tools und Services

    Über die Jahre hinweg haben wir uns einen ganzen Fuhrpark kleinerer und größerer Helferlein zugelegt. Mailchimp, Adobe Suite, Nextcloud, QR.io, CANVA – you name them. Zwischendrin und ganz nach Bedarf gibt es dann noch temporäre Accounts bei verschiedenen Anbietern: GoogleMeets, Miro, iStock. Wahnsinn, vie viele Subscriptions man über die Jahre sammelt.

    Zusätzlich haben wir Equipment angeschafft. Zu Beginn arbeiteten wir auf eigenen Computern und filmten wir mit privaten Kameras. Fünf Jahre später haben wir eine Armada an Laptops und Bildschirmen. Und auch filmisch haben wir uns weiterentwickelt: Camcorder, Stative, Richtmikrofone, Clip-on Mics. Zu allerletzt dann noch eine Lightbox und Legobausteine. Richtig. Und zwar gleich sechs Kisten voll. Damit gestalten wir Workshops, die Forschenden dabei helfen, ihre eigene Arbeit in den Weiten von Projekten zu verorten, greifbar zu machen und Narrative für ihre Arbeit zu finden. Das bringt uns zum nächsten Punkt: den Methoden.

    Set-up für das Kick-off Meeting im Projekt ArcheoDanube im Juli 2020. Wenig später bezogen wir unser erstes Büro.
    Set-up für das Kick-off Meeting im Projekt ArcheoDanube im Juli 2020. Wenig später bezogen wir unser erstes Büro. Photo: OIKOPLUS.

    Methoden; oder: ein wachsendes Spektrum an Dienstleistungen

    Am Anfang waren wir vor allem damit beschäftigt, uns Gedanken über Formate und Inhalte zu machen. Natürlich tauschten wir uns dazu mit unseren Kundinnen und Kollegen intern und extern dazu aus – aber wir machten das wenig strategisch und methodisch kaum kohärent. Das hat sich geändert. Weil die Themen, die wir kommunizieren, oft komplex sind und wir mit ihnen selbst vertraut werden müsssen, haben wir mittlerweile klare Abläufe etabliert.

    Unseren Projekte beginnen wir immer mit einer Serie von Workshops, in denen wir gemeinsam mit den Partnern Zielgruppen, Key Messages und Kanäle identifizieren, um dann maßgeschneiderte Kommunikationsstrategien zu entwickeln. Wann immer sich die Möglichkeit bietet, führen wir Interviews mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die wir begleiten. Sie dienen nicht nur unserem eigenen, besseren Verständnis von der Materie, sondern liefern einen wertvollen Pool an Inhalten für Kurzvideos, Social Media oder Blogposts etc. Auch Policy Briefs schreiben wir nicht mehr alleine. Die werden nun in Policy Cafés erarbeitet: gemeinsam.

    Seit 2022 bieten wir auch Workshops für das gemeinsame Finden von Narrativen und Erstellen von Kommunikationsinhalten an. Am Ende werden die Kolleginnen im Bild eine Waage gebaut haben. Photo: OIKOPLUS.

    Glaubwürdigkeit leihen

    Von Anfang an haben wir uns verpflichtet, unseren Partnern das Beste zu bieten und stets alle vereinbarten Zahlen zu erreichen. Und trotz allem Einsatz – manchmal haben wir es nicht geschafft. Einer der Gründe ist eigentlich trivial. Unsere Partner, meist etablierte Forschungseinrichtungen oder große Unternehmen, haben Reichweite und Glaubwürdigkeit. Und trotzdem haben wir in unseren frühen Projekten darauf gesetzt, eigene online und offline Kanäle für die Kommunikation unserer Projekte aufzubauen.

    Ein Bottleneck, den wir rasch erkannt haben. Die Antwort: wir müssen uns die Glaubwürdigkeit und Reichweite der Forschungseinrichtungen und Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, leihen. Gar nicht so leicht. Denn in unseren Projekten werden wir als der zuständige Partner für die Kommunikation und Dissemination von Forschungsleistungen wahrgenommen. Zu einer unserer Kernaufgaben ist es inzwischen geworden, den Teams von Forschenden und Entwicklerinnen und Entwicklern, mit denen wir arbeiten, zu erklären, wie sie ihre eigenen Kanäle oder jene ihrer Institutionen nutzen können. Denn eigene digitale Kanäle aufbauen, das ist im Jahr 2023 einfach nicht mehr so einfach, wie vielleicht noch vor einem Jahrzehnt.

    Fünf Jahre Oikoplus

    Unser Feld hat sich weiterentwickelt und wir mit ihm. Und wir haben noch eine ganze Reihe an neuen Ideen und Plänen. Zuerst aber ist es an der Zeit, sich bei all unseren Weggefährten zu bedanken. Das sind vor allem unsere Mitarbeiter:innen und unsere Kolleg:innen aus SynCity und ArcheoDanube, aus EnergyMeasures, aus Domino-E, REACT, LifeTandems und EU-Rise. Und auch bei den Kolleginnen und Kollegen, deren gescheiterte Projekteinreichungen wir begleitet haben haben, möchten wir uns bedanken. Einige Projektanträge sind knapp gescheitert. Und wir haben gelernt, damit umzugehen. Und auch bei den Leser*innen unserer Reading List möchten wir uns bedanken. Beim Recherchieren und Schreiben dieser Texte haben wir immer wieder Gedanken vervollständigt und dabei eine Menge gelernt.

    Zum Ende nun noch ein Call to Action: Abonniert unsere Reading List und folgt uns auf LinkedIn und YouTube.

    Schöne Feiertage!

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    Nicht kategorisiert Reading List DE

    RL #035: Über Innovation und Exnovation

    In der letzten Oikoplus Reading List hat Michael Anranter sich an dieser Stelle kritisch mit Innovationskultur und Innvationskommunikation auseinandergesetzt. Wir haben darüber diskutiert, und sind zu einer ganz und gar uninnovativen Lösung gekommen: Wir wiederholen das Ganze, und ich schreibe ebenfalls einen Text über Innovation.

    Was auch immer es ist: irgendetwas in uns giert nach Innovation. Wie sonst könnte der ständige Drang zum Neuem, zum Besserem, derart zur Norm geworden sein? Wer in seiner Arbeit nicht bloß reproduziert, sondern besser macht, wird dafür wertgeschätzt. Fürs Neue Wege beschreiten, fürs über den Tellerrand schauen, fürs out of the box thinken, fürs nicht Stehenbleiben, fürs Pionierarbeit leisten, fürs kreativ sein, fürs Gamechangen, fürs disruptiv sein. Für innovatives Denken kennt unsere Sprache viele schöne Phrasen und Redewendungen.

    Wir bei Oikoplus sind ständig aufgefordert, innovative Wege in der Kommunikation von Wissenschaft und Forschung zu gehen. Und die Forschung treibenden, die wir dabei beraten und unterstützen, sind ebenfalls ständig mit Innovation beschäftigt. Manchmal wirkt das so, als seien alle ständig aufgefordert, das Rad neu zu erfinden.

    Exnovation: Kann das weg?

    Fangen wir einmal mit dem Gegenbegriff zur Innovation an: Exnovation. Denn oft ist es nicht das Neue an sich, das den Fortschritt antreibt, sondern das, was schon da ist, aber weg soll. In unserem Projekt REACT (LINK) zum Beispiel, geht es zwar um Innovationen in der Bekämpfung schädlicher Insekten. Aber es geht vor allem darum, die alten Methoden – nämlich Pestizide – zu ersetzen. Ist das Projekt nun getrieben von Innovation, oder von Exnovation? Schwer zu sagen. Letztlich geht es um zwei Seiten derselben Medaille. Trotzdem bleibt die Exnovation oft unterbeleuchtet. Darauf verweisen auch Jean Bartley und Lawrence Knall in einem Artikel aus dem Jahr 2021. Die beiden argumentieren, ein besseres Verständnis von Exnovation, sorge für bessere Innovationskultur. 

    In eine sehr ähnliche Richtung argumentiert auch ein Text von Alexander Krause auf LinkedIn. Der Agile Coach verspricht in seinem Text, ihn binnen zwei Minuten zu lesen, verändere die Art zu denken. Naja. Probieren Sie es halt einmal aus. 

    Während ich das so lese, denke ich mir: Von Exnovation zu sprechen, statt nur von Innovation, schützt nicht unbedingt vor dem eigentümlichen Business-Coach-Sprech unserer Zeit. 

    Neues stand nicht immer hoch im Kurs

    Es war nicht immer so, dass Neues wertgeschätzt wurde. Das habe ich selbst in einem Interview mit dem Historiker Frank Trentmann erfahren, das ich vor über einem halben Jahrzent geführt habe, und das man noch auf Issuu nachlesen kann. 

    Trentmann erzählt darin von europäischen Händlern, die im 17. Jahrhundert  mit Schiffsladungen voller Innovationen nach China aufbrachen, nur um dort auf Unverständnis zu stoßen, da der Wert von Dingen dort an ihr Alter und ihre Bewährtheit geknüpft war. 

    Innovation als Glaubensbekenntnis

    Dass besonders alte Dinge einen hohen Wert haben, dass kennen wir bis heute. Von Kunst und Antiquitäten zum Beispiel. Wenn es um immaterielle Dinge wie gesellschaftliche Normen gibt, dann ist Alter nicht zwingend ein geeigneter Indikator für Qualität oder Akzeptanz. Beschränkt sich Innovation dabei auf die reine Kommunikationsebene, kommen dabei manchmal Phänomene wie Green-, Pink- oder Wokewashing heraus.

    Und dann gibt es sogar noch den rhetorischen Appell an die Innovation, der bloß dazu dient, überfällige Exnovation zu verschleppen. Der lautet ungefähr so: “Wir setzen auf technologische Innovationen statt Verbote!” Das hört man immer wieder mal, zum Beispiel wenn’s um Klimawandelanpassung geht. Statt emissionsstarke Technologien per Gesetz durch emissionsarme zu ersetzen, also Exnovation von oben, wird darauf gewartet, dass sich Innovationen durchsetzen, ohne dass man viel für ihren Erfolgt unternähme. 

    Das soll gar nicht heißen, dass nicht auch technologische Innovationen ihren Beitrag leisten können. Nur ist es in vielen Fällen eben einfach nicht ausreichend, auf Innovation zu warten, wo Exnovation längst nötig ist. Das konnte man mit Bezug auf den Klimawandel schon 2010 im Harvard Business Review nachlesen. “Even if energy innovations have a lot of potential, they might not be deployable until it’s too late. History shows that most of the technology breakthroughs need decades to make it to the mass market.” 

    Dieses und viele andere Beispiele zeigen, dass es durchaus sinnvoll ist, Exnovation als Begriff ins eigene Vokabular aufzunehmen. Der Begriff hilft dabei, Innovationen kritisch zu hinterfragen. Schließlich gibt’s auch schlechte Innovationen. Für die These aus dem ersten Satz dieses Textes, wonach irgendetwas in uns nach Innovation giert, gibt es im Deutschen übrigens auch ein schönes Wort: Neugier. Die Gier nach Neuem. Und so kritisch man den Innovationsbegriff auch hinterfragt: Dass Neugier im Wortsinn, als Gier nach Neuem, auch ihre guten Seiten hat – davon gehen wir bei Oikoplus aus.