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RL #024: Aus unserer Projektarbeit: Gamification im Archäologie-Tourismus

In dieser Oikoplus Reading List geht es ausnahmsweise nicht um eine bestimmte Fragestellung aus dem Bereich der Science Communication and Research Dissemination. In dieser Oikoplus Reading List geht  um eines unserer eigenen Projekte.

In den vergangenen zwei Jahren haben wir durch die Beteiligung unseres Vereins Sustainication e.V. am Interreg-Projekt ArcheoDanube viel über Archäologie gelernt. Und über die spannende Herausforderung, Archäologie für die Entwicklung nachhaltiger Tourismuskonzepte zu nutzen. 

Nach zweieinhalb intensiven Projektjahren geht ArcheoDanube Ende 2022 zu Ende. Mitte November fand die Closing Conference in der slowenischen Stadt Ptuj statt. Die unterschiedlichen am Projekt beteiligten Institutionen aus elf Ländern des Donauraums präsentierten die Ergebnisse des Projekts. Dazu zählen nicht nur  Guidelines zur Entwicklung archäologischer Parks als Vehikel für nachhaltigen Archäologie-Tourismus, sondern auch konkrete lokale Pilot Actions, in denen das Konzept der Archäologische Parks erprobt wird.

Und was hat ArcheoDanube nun mit Wissenschaftskommunination und Oikoplus zu tun? Jede Menge. Denn die Einbettung von Archäologie in Tourismuskonzepte erfordert die Kommmunikation von Forschungsergebnissen – angepasst an einen spezifischen Ort und spezifische Zielgruppen. Das Team von Sustainication/Oikoplus konnte sich nicht nur beim Verfassen eines e-Handbook über das Management archäologischer Stätten ins Projekt einbringen, sondern auch in drei Think Tank Workshops, in denen Local Action Plans in Szombathely (HU), Pilsen (CZ) und X (HR) evaluiert wurden. 

Digitale Tools, die helfen ArcheoTourism zum innovativen Erlebnis zu machen

Und: Wir haben eine Mobile App entwickelt. Die App ArcheoTales für Android und iOS, die gemeinsam mit dem Grazer Unternehmen Softwaregärtner entwickelt wurde, erlaubt es, Besucher von archäologischen Stätten und Museen auf digitale Scavenger Hunts (Schnitzeljagden) zu schicken. Damit können Anbieter von Kulturtourismus und Betreiber von Kulturerbestätten unterschiedlichen Zielgruppen didaktisch und spielerisch aufbereitete Inhalte anbieten. Und die Besucher können die Ausstellung in Form eines Rätselspiels in ihrem individuellen, eigenen Tempo erleben. Dabei kommunizieren die Besucher via Mobile App mit fiktiven Charactern in einem Massenger-Interface. 

Ein weiteres digitales Tool, das im Projekt ArcheoDanube entwickelt wurde, ist Yesterday-Today-Tomorrow. Es richtet sich speziell an Städte und Gemeinden, die über Kulturerbe- und Archäologiestätten verfügen, und eine Hilfestellung bei der Erstellung eines touristischen Konzepts in Form eines Archeoparks suchen. 

Wir haben im Projekt ArcheoTales ungemein viel über Archäologie und die Kulturgeschichte des Donauraums lernen dürfen, wunderbare Orte mit kulturtouristischen Schätzen besucht und fantastische Kolleginnen und Kollegen aus 14 Ländern kennengelernt. Dabei haben wir neue Freundschaften geschlossen und in einem für uns ganz neuen Bereich erfahren, was gute Wissenschaftskommunikation leisten kann – und wieviel Spaß es macht, sie zu betreiben.  

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RL #023: Auf den Punkt gebracht: wissenschaftliche Inhalte präsentieren

Juli und September sind in Europa Konferenzmonate. Untertags steht die Sonne angenehm hoch, Außen- und Innenbereiche können ohne großen Zusatzaufwand genutzt werden. Die Stimmung ist gut, fast ausgelassen. Der Lehrbetrieb ist an den meisten Unis entweder gerade zu Ende gegangen oder hat noch nicht begonnen. Es ist Urlaubszeit und je nach Ort und Interesse hängen einige noch 2-3 Tage an die Konferenz an. Andere kommen eher. Neben dem angenehmen Setting allerdings, sind Konferenzen auch jene Momente in einer Wissenschaftskarriere, in denen es darum geht Aufmerksamkeit für sich und die eigene wissenschaftliche Arbeit zu erzeugen. In einem höchst fluiden Kontext lernen Sie hier ihre nächsten Verbündeten, ihre Co-Autor*innen und Vorgesetzten kennen. Dafür müssen Sie aber mit ihren Ideen überzeugen. Und das bedeutet vor Allem, Inhalte auf den Punkt zu bringen. Genau damit beschäftigt sich diese Reading List.

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Auf den Punkt bringen: Englisch als doppelte Hürde

Etwas auf den Punkt zu bringen bedeutet zunächst einmal alles Unnötige wegzulassen. Keine Details; nur das für Ihr Argument wichtigste soll artikuliert werden. Synonyme sind ‘etwas klar Aussprechen’, ‘ganz offen sein’, mit etwas ‘nicht hinter dem Berg halten’, ‘deutlich werden’ und sich ‘unmissverständlich ausdrücken’. Gar nicht so einfach, wenn ein Großteil der Kommunikation in Fremdsprache passiert. In der Karrierekolumne des Nature, forderte Roey Elnathan 2021 (paywall) daher, dass es endlich breit aufgestellte Mentoring Programme für angehende und erfahrene Wissenschafter benötige, die in Fremdsprachen publizieren. Präzision, so das Argument von Elnathan, sei anders nicht zu erreichen.

English ist dabei aber nur die aktuelle Lingua Franca der Wissenschaft. Im Video-Podcast Languages in Science von MetodieStrategie führt Timothy E.L Douglas aus, dass wir seit dem 17ten Jahrhundert bereits Latein, Deutsch und Französisch als Wissenschaftssprache erleben durften. Er spricht für die europäisch-westliche und die internationale Wissenschaftscommunity. Zuletzt, so Douglas, wurde die Wissenschaft sprachlich wieder diverser.

Photo by Joshua Hoehne on Unsplash

Ein weiterer wichtiger von Douglas im Podcast angesprochener Punkt betrifft das Zielpublikum. Und dabei, so scheint es, fällt es den englischen Muttersprachlern oft am schwierigsten, ihre eigene Sprachkompetenz an die Community anzupassen. Wie auch für das Schreiben gut lesbarer wissenschaftlicher Texte, ist das Kennen der Hörer*innen und Leser*innen eine Grundbedingung. Sie nämlich definieren den Rahmen für den berüchtigten Punkt auf den wir unsere Argumentation bringen sollen. Jammern auf hohem Niveau?

Ich gestalte eine Präsentation. Was gehört auf den Punkt gebracht?

Kurzum: alles! Die Einleitung, ihre Forschungsfrage und, falls vorhanden, Ihre Hypothesen. Die Methodik. Das Bildmaterial und ihre Argumentation. Kein Detail das nicht benötigt wird, kein Nebensatz zu viel. Kurze Sätze vorgetragen in Sprech- und nicht in Lesegeschwindigkeit und mit Atempausen. Weil viele ihre Argumente kombiniert mit Text, Bild und visualisierten Daten vortragen, auch hier die Erinnerung: kommen Sie auch hier zum Punkt!

Dabei sei festgehalten, dass Diagramme, Graphen und auch Photographien zur Vermittlung von Wissen und Inhalten innerhalb der Fachcommunities zulässig sind. Das jedenfalls argumentiert Laura Perini in Visual Representations and Confirmation (paywall). Die Bilder und bildlichen Darstellungen, die Perini als für die Wissenschaftscommunity klassifiziert, sind damit ungleich jenen, die Wissenschaft repräsentierenden Bildern, die z.B. die Max-Plank Gesellschaft zum Kauf anbietet. Haben Sie kein Kernanliegen, sondern nur ästhetischen Wert? Wieder gilt die Frage nach den Hörer*innnen. Ein Bild zum Nachvollziehen der Geschichte und Kontextes, eine Karte zur Verortung, eine Grafik, um statistische Verteilungen wiederzugeben. Damit letztere übersichtlich bleiben, geht’s hier zu ein paar aussagekräftigen Visualisierungen und DIY Wiki der University of York.

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Das eigene Interesse zum Punkt bringen: Feedback einholen, Ideen und Anregungen sammeln, Allianzen schmieden.

Zu guter Letzt’ noch einen Tipp; eine Anregung. Nach meinen ersten eigenen Erfahrungen auf dem Konferenzparkett stellte ich schnell fest, dass ich manchmal nicht die Art von Feedback erhalte, die ich mir erwartet hatte. Wenn aber ihre Präsentation ein Argument au den Punkt gebracht war, dann dürfen Sie das auch von ihren Hörer*innen erwarten. Geben Sie Ihnen eine Frage mit auf den Weg. Teilen Sie mit, was Sie seit ihrer letzten Erkenntnis beschäftigt und laden Sie zum mitdenken ein. Auch Bedürfnisse Ihre eigenen Bedürfnisse dürfen auf den Punkt gebracht werden. Denn nur wenn Sie mit guten Gesprächen im Gepäck von Ihren Konferenzen zurückkehren, finden Sie im Herbst die Motivation sich auf den kommenden Konferenzsommer vorzubereiten.